Halle Bestürzung nach Angriff auf vier CSD-Teilnehmer in Halle
Vier Menschen werden am Samstag in Halle angegriffen, nachdem sie dort am Christopher-Street-Day teilgenommen haben. Eine Frau erleidet schwere Verletzungen. Veranstalter und Politik fordern Konsequenzen.
Halle - Nach dem Angriff auf vier Teilnehmer des Christopher-Street-Days (CSD) in Halle haben die Veranstalter Kritik an der Politik geübt und Aufklärung gefordert. Der Überfall zeige, dass „unsere Gesellschaft noch lange nicht so offen ist, wie durch die Politik gern propagiert wird“, erklärte das Begegnungs- und Beratungs-Zentrum „lebensart“ am Montag. Neben Bildungs- und Beratungsangeboten sei auch die Aufklärung solcher Taten wichtig, um Betroffene zu unterstützen. „Jeder queerfeindliche Übergriff ist einer zu viel und muss verfolgt werden.“
Am Samstag sollen ein 16 und ein 20 Jahre alter Mann gemeinsam mit zwei bislang unbekannten Mittätern eine Gruppe von Personen angesprochen haben, die zuvor den CSD in Halle besucht hatten. Laut Polizei beleidigten sie eine Person und gingen dann mit Schlägen und Tritten auf die Gruppe los. Eine 41 Jahre alte Frau wurde schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Die übrigen drei Attackierten erlitten den Angaben zufolge leichte Verletzungen. Darüber, wie es der Schwerverletzten zwei Tage nach der Tat ging, konnte die Polizei am Montag zunächst keine Angaben machen.
Nachdem der 16- sowie der 20-Jährige kurz nach der Tat durch Einsatzkräfte der Polizei gestellt wurden, suchten die Beamten am Montag weiterhin nach den bislang unbekannten Tätern. Insgesamt lägen die Personalien von acht weiteren Personen vor, so ein Sprecher der Polizei. Es werde geprüft, ob und inwiefern sie sich an der Tat beteiligt haben. Zudem sei auch der genaue Tathergang Teil der Ermittlungen.
Zum CSD am Samstag waren nach Angaben der Polizei in der Spitze rund 2800 Teilnehmern nach Halle gekommen, die Veranstalter gingen von einer deutlich höheren Zahl - 4000 Teilnehmern - aus. Zudem waren auch Gegendemonstranten gekommen, zu deren Zahl machte die Polizei keine Angaben.
Mit der Veranstaltung setzen sich die Beteiligten für die Rechte von homosexuellen und queeren Menschen ein. Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren. Bei der nach Polizeiangaben weitgehend friedlichen Veranstaltung in Halle kam es am Rande immer wieder auch zu wechselseitigen Beleidigungen von Teilnehmern der Parade und Gegendemonstranten. Die Anzeigen seien überwiegend seitens der Gegendemonstranten erstattet worden, teilte die Polizei mit. Auch die CSD-Teilnehmer erstatteten demnach Anzeigen. Bei den Beleidigungen habe es sich größtenteils um beleidigende Gesten gehandelt, hieß es.
Die CDU Halle forderte nach der Attacke die Einrichtung eines Krisengipfels. Halle habe „ein ungelöstes Problem mit gewaltbereiten Migranten“. Laut Polizei handelt es sich bei den beiden gefassten Männern um gebürtige Afghanen. Auf Anfrage macht die Polizei keine Angaben dazu, ob es sich bei der Tat um Hasskriminalität handelt. Die Ermittlungen liefen wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung und der Beleidigung, sagte ein Sprecher.
Der FDP-Landtagsabgeordnete Konstantin Pott zeigte sich bestürzt über die Attacke auf die CSD-Teilnehmer: „In unserer liberalen Demokratie soll jeder sein Leben so leben dürfen, wie er es für richtig hält.“ Der Angriff und andere Zwischenfälle zeigten, dass „der CSD nichts an Aktualität eingebüßt hat“. Im August hatte es beim CSD in Weißenfels Störungen durch mutmaßlich Rechtsextreme gegeben.
Auch die Linken-Fraktion wies daraufhin, dass es während der CSD-Veranstaltungen oft zu Störungen kommt. „Im Zusammenhang mit den Attacken auf mehrere CSD-Veranstaltungen in Sachsen-Anhalt steht auch die Polizei des Landes in der Kritik: Betroffene berichten, nicht ausreichend geschützt worden zu sein, obwohl Störversuche im Vorfeld angekündigt wurden.“
Die Veranstalter in Halle zeigten sich am Wochenende hingegen zufrieden mit der Polizeiarbeit: „Wir waren früh im Austausch mit der Polizei für ein Sicherheitskonzept“, sagte eine „lebensart“-Sprecherin. Zahlreiche Polizisten vor Ort sicherten die Veranstaltung ab.