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Zuwanderung Bilanz 2024: Weniger neue Flüchtlinge in Berlin

Viele geflüchtete Menschen kommen in Berlin vorläufig oder dauerhaft unter. Im letzten Jahr ging die Zahl der Neuankömmlinge zurück. Baustellen sieht das zuständige Landesamt dennoch einige.

Von dpa Aktualisiert: 07.01.2025, 13:16
Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten hat viele Kunden.
Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten hat viele Kunden. Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin - In Berlin sind im abgelaufenen Jahr deutlich weniger Flüchtlinge angekommen als 2023. Das teilte das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheit (LAF) mit. Demnach wurden im vergangenen Jahr 21.342 geflüchtete Menschen aufgenommen und versorgt. Das waren 35 Prozent weniger als 2023, damals waren 32.752 Flüchtlinge registriert worden.

Nach Angaben von LAF-Präsident Mark Seibert waren unter den Neuankömmlingen 10.620 Asylsuchende und 10.408 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Bei beiden Gruppen ging die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Drittel zurück. Hinzu kamen etwa 300 Menschen, denen Berlin im Zuge sogenannter Sonderaufnahmeprogramme eine neue Heimat bietet.

Kein „Unterbringungsnotstand“ mehr

Nach Angaben Seiberts hat sein Amt aktuell rund 41.369 Menschen untergebracht, rund 1.500 mehr als vor der Jahresfrist. 33.530 dieser Geflüchteten wohnen demnach in landeseigenen Unterkünften und Notunterkünften. Hinzu kommen 4.670 Menschen, die vorübergehend in den Aufnahmezentren Tegel und Reinickendorf leben und knapp 3.169 Menschen in Hotels und Hostels.

Aktuell stehen in Berlin rund 3.900 freie Plätze für Geflüchtete zur Verfügung. Das sei eine große Leistung, sagte Seibert und verwies darauf, dass es vor einem Jahr praktisch kaum solche Reserven gab. Der „gravierende Unterbringungsnotstand“ von damals sei überwunden, man könne aber auch nicht von Entspannung reden. 

Schließlich lebten noch immer 9.000 Menschen in Notunterkünften wie Tegel unter problematischen Bedingungen. Um diese Zahl weiter zu reduzieren, seien im neuen Jahr um die 15 neue Unterkünfte geplant, darunter Containerdörfer und sogenannte modulare Bauten mit Wohnungen. Dadurch kämen 2.000 neue Plätze hinzu. 

Kritik an CDU-Überlegungen

Forderungen aus der CDU, die Großunterkunft auf dem Gelände des früheren Flughafens Tegel mit aktuell 8.000 Betten in Leichtbauhallen zu vergrößern, erteilte Seibert eine Absage. „Wir haben dort Menschen unter prekären Bedingungen untergebracht, die nicht zu einer deutschen Hauptstadt passen. Das vergrößere ich doch nicht noch“, sagte er zur jüngsten Aussage von CDU-Fraktionschef Dirk Stettner, in Tegel 5.000 Plätze „draufzupacken“. Abgesehen davon fehle der Platz dafür, so Seibert. 

Sein Ziel sei vielmehr, die Zahl der in den Leichtbauhallen praktisch ohne Privatsphäre lebenden Flüchtlinge weiter zu reduzieren, nachdem zuletzt 1.200 Bewohner in andere Quartiere umziehen konnten. Dazu sei es notwendig, auf Landesebene und in den Bezirken weiter mit großer Entschlossenheit an der Schaffung neuer Unterkünfte zu arbeiten. „Wir dürfen da nicht nachlassen.“

Nachlassende politische Entschlossenheit? 

Seibert kritisierte in dem Zusammenhang, dass der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses die Finanzierungszusage für mehrere eigentlich fest geplante Projekte zunächst versagt habe. Dadurch seien bis zu 5.000 geplante neue Plätze gefährdet, darunter allein 1.500 in einem Gebäudekomplex in der Soorstraße im Westend. 

Personal fehlt

Seibert forderte zum wiederholten Mal mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das LAF. Momentan arbeiteten hier 530 Beschäftigte, 32 weniger als vor einem Jahr. Ihr Arbeitsaufkommen sei extrem gestiegen. „Das LAF braucht signifikant mehr Beschäftigte, um seine Aufgaben erfüllen zu können“, so Seibert und nannte 270 neue Stellen als Größenordnung. 

Das sei auch wichtig, um vernünftige Arbeitsbedingungen zu schaffen, momentan arbeiteten die LAF-Mitarbeiter am Limit. 2024 zählte das LAF allein 110.000 sogenannte Vorsprachen, bei denen Menschen zu Terminen kommen und zum Beispiel Leistungen beantragen. Das bedeutet laut Seibert ein Plus gegenüber 2023 um neun Prozent, nach einem starken Anstieg um 40 Prozent im Jahr davor. 

Termin für Bezahlkarte offen

Mehr Personal sei auch notwendig, um die geplante Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete zu bewältigen. Nach Einschätzung Seiberts kann die Karte bei der Vereinfachung etlicher Vorgänge helfen. Ein genauer Einführungszeitpunkt stehe aber noch nicht fest, der Januar komme dafür auf alle Fälle nicht mehr infrage. „Es besteht noch politischer Klärungs- und Abstimmungsbedarf.“ 

Die Karte für neu ankommende Asylbewerber soll eine Bargeldobergrenze von monatlich 50 Euro für Erwachsene und Kinder umfassen. Diese Beschränkung soll aber nach den ersten sechs Monaten der Nutzung wegfallen. Seibert hält diese zwischen den Koalitionspartnern CDU und SPD nach langem Ringen gefundene Variante für einen „relativ praktikablen Kompromiss“.

Verbleib Seiberts im Amt fraglich 

Seibert ging auch auf seine persönliche Situation als LAF-Präsident ein. Er ist demnach als Landesbediensteter seit rund eineinhalb Jahren in das LAF abgeordnet, diese Abordnung sei gerade bis 31. März verlängert worden. Am laufenden Ausschreibungsverfahren für den Posten hat er sich beteiligt, geht aber davon aus, dass es abgebrochen wird. Grund: Inhalte seiner vertraulichen Bewerberakte seien an Medien durchgestochen und veröffentlicht worden. 

Seibert sprach von einem „Unding“ und erklärte: „Auf ein neues Verfahren, wenn das die gleichen Bedingungen sind, werde ich mich nicht noch mal bewerben.“ Solange es erforderlich sei, bleibe er aber auf dem Posten.