Regierungsbildung Bündnis ohne Alternative: Rot-Lila-Koalition steht bevor
In Brandenburg geben SPD und BSW ein klares Votum zur geplanten Koalition ab. Andere Möglichkeiten für ein stabiles Bündnis gibt es praktisch nicht. Kommende Woche soll die Regierung im Amt sein.
Potsdam - Brandenburg soll kommende Woche eine neue Landesregierung bekommen: Zum ersten Mal sind in Deutschland die Weichen für eine Koalition aus SPD und BSW gestellt.
Am Mittwoch soll Dietmar Woidke im Brandenburger Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt und vereidigt werden. Dann muss die Koalition beweisen, dass sie geschlossen steht. SPD und BSW kommen im Landtag auf 46 Stimmen (32 und 14). Die AfD hat 30 Abgeordnete, die CDU 12.
Beide Partner hatten am Freitag auf Landesparteitagen jeweils mit großer Geschlossenheit Ja zueinander gesagt: die SPD nahezu einhellig mit einer Enthaltung, das BSW einstimmig. Für die SPD ist es das zehnte Kabinett, für das junge Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) die erste Koalition in einem Land, die bereits beschlossen ist.
Kabinettsliste ist fertig
Auch die Besetzung des künftigen Kabinetts steht. Die Ministerinnen und Minister sollen am Mittwoch vereidigt werden und ihr Amt aufnehmen.
SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller wird Wirtschaftsminister, Finanzministerin Katrin Lange leitet das Innenressort. Justizminister wird der bisherige Staatskanzlei-Staatssekretär Benjamin Grimm (alle SPD).
Neue Agrarministerin wird Hanka Mittelstädt, die einen landwirtschaftlichen Familienbetrieb führt. Sie legte ihr Amt als Vorstandsvorsitzende des Agrarmarketingverbandes Pro Agro nieder.
Auch Kritik an Besetzung des Agrarministeriums
Der Landesbauernverband befürwortet die Besetzung des Ministeriums: „Mit Hanka Mittelstädt wird eine Ministerin mit „Stallgeruch“ das Landwirtschaftsministerium führen. Das haben wir als Berufsstand immer so gefordert“, sagte Bauernpräsident Henrik Wendorff.
Das Klimabündnis Brandenburg kritisierte dagegen, die Besetzung des Ministeriums zeige eine „enge Verflechtung mit agrarindustriellen Interessen.“ Auch die Grünen sprachen von einem fatalen Signal für den ökologischen Wandel. Sie kritisierte auch die Zusammensetzung der künftigen Regierung insgesamt und befürchten, dass es Rückschritte beim Klimaschutz geben wird.
Steffen Freiberg führt das Bildungsressort weiter, Manja Schüle das Wissenschaftsministerium, und Kathrin Schneider (alle SPD) bleibt Staatskanzleichefin.
Für das BSW wird Landes- und Fraktionschef Robert Crumbach Finanzminister, Templins Bürgermeister Detlef Tabbert Verkehrsminister, und die Ex-SPD-Landtagsabgeordnete Britta Müller übernimmt das Gesundheitsressort.
Woidke: Bündnis ohne Alternative
SPD-Ministerpräsident Woidke machte vor mehr als 100 Delegierten beim Parteitag deutlich: Das Bündnis ist für ihn alternativlos. „Wir müssen - ob wir wollen oder nicht, wenn wir eine stabile Regierung für unser Land wollen, wenn wir wollen, dass die Menschen Sicherheit, Stabilität und eine gute Entwicklung für unser Land bekommen, (...) mit dem BSW verhandeln.“ Woidke regiert seit elf Jahren in Brandenburg.
SPD und BSW: Schwierige Verhandlungen
Beide Parteien zeigten nicht nur ähnliche Geschlossenheit. Die beiden Vorsitzenden - Woidke und Crumbach - wiesen auch auf die Hürden hin. „Es waren schwere Verhandlungen“, sagte SPD-Landeschef Woidke. Er nannte das Thema Ukraine-Krieg als Beispiel. Der Ex-SPD-Politiker Crumbach räumte ein: „Es gab in diesen Sondierungsverhandlungen sehr, sehr schwierige Situationen, wo ich gedacht habe: Okay, das wird nicht funktionieren.“
Aus der Sicht der Bundesvorsitzenden Sahra Wagenknecht hat das BSW im Koalitionsvertrag mit der SPD wichtige Weichen für eine andere Politik gestellt. „Wir haben die Debatte über Krieg und Frieden (...) verändert in diesem Land.“
Auch Kritik mit Blick auf die Friedenspolitik
Nicht alle Sozialdemokraten zeigten sich mit dem Bündnis zufrieden. Der Vorsitzende des Arbeitskreises Polen, Wolfram Meyer zu Uptrup, warnte vor Verunsicherung der polnischen Nachbarn und vor russischem Imperialismus: „Wenn Frieden in Wirklichkeit Unterwerfung bedeutet, dann ist es kein Frieden.“ SPD und BSW haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie sich in Bund und EU dafür einsetzen, eine diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts voranzutreiben. Auch beim BSW-Parteitag gab es vereinzelt kritische Stimmen zum Koalitionsvertrag.
In Thüringen streben SPD, CDU und BSW eine Koalition an. In Sachsen scheiterten Sondierungsgespräche mit dem BSW, dort ist eine Minderheitsregierung aus CDU und SPD auf dem Weg.