Tarifkonflikt BVG-Gespräche gescheitert - Neuer Warnstreik nächste Woche
Der Nahverkehr in Berlin stand seit Januar mehrfach weitgehend still - zuletzt zwei Tage am Stück. Am Verhandlungstisch kommen beide Seiten nicht weiter. Der Konflikt spitzt sich zu.

Berlin - Die Gewerkschaft Verdi hat die Tarifverhandlungen bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) für gescheitert erklärt und für kommende Woche erneut zum Warnstreik in der Bundeshauptstadt aufgerufen. Zugleich bereitet die Gewerkschaft eine Urabstimmung über unbefristete Streiks vor.
Der Warnstreik soll am Mittwochmorgen mit Betriebsbeginn gegen 3.00 Uhr starten und am Freitagmorgen mit Betriebsbeginn enden. Dann dürften erneut fast alle U-Bahnen, Trams und Busse ausfallen. Seit Januar hat Verdi den Berliner Nahverkehr bereits viermal weitgehend lahmgelegt - zuletzt am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche.
„Erneut hat die BVG ein Angebot verweigert, welches die Reallöhne der Beschäftigten sichert und ihre Leistungen angemessen honoriert“, teilte Verhandlungsführer Jeremy Arndt nach der sechsten Tarifrunde mit. Nun sei auch der Berliner Senat gefragt, „endlich Verantwortung zu übernehmen und die Finanzierung angemessener Löhne bei der BVG sicherzustellen“.
Die Urabstimmung werde vom 26. März bis zum 4. April andauern, sagte Arndt der Deutschen Presse-Agentur. Ein längerer Streik käme also erst im April auf die Berlinerinnen und Berliner zu. Für weitere Arbeitskämpfe trage die Arbeitgeberseite die Verantwortung, betonte Verdi.
BVG schlägt Schlichtung vor
Die BVG äußerte sich irritiert über das Vorgehen der Gewerkschaft und verurteilte die Ankündigung weiterer Warnstreiks „aufs Schärfste“. Das Unternehmen selbst schlug vor, den Konflikt in einer Schlichtung zu lösen. Die Gewerkschaft reagiere dagegen destruktiv, teilte das Unternehmen mit. „Das macht man nicht.“ In einer Schlichtung würden externe Vermittler im Tarifkonflikt versuchen, eine Einigung zu finden.
Die Gespräche könnten aus Sicht der BVG bereits in der kommenden Woche beginnen. Verdi müsste dem freiwilligen Verfahren allerdings zustimmen.
Arndt sagte der dpa, man werde die Forderung einer Schlichtung prüfen. Wenn diese lediglich „Zeitschinderei“ sei, könne man sie auch ablehnen. Unabhängig von einer möglichen Schlichtung werde Verdi „auf jeden Fall in die Urabstimmung gehen“.
Am Ende eines möglichen Schlichtungsverfahrens geben die Schlichter eine Empfehlung für eine Einigung ab. Während einer Schlichtung darf nicht gestreikt werden. Vor wenigen Tagen waren die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst für Bund und Kommunen gescheitert - hier sollen Schlichter nun bis Anfang April eine Lösung finden.
BVG bezeichnet Verdi-Forderung als realitätsfremd
Das Unternehmen teilte mit Blick auf die Verhandlungen mit, es sei „deutlich geworden, dass es auf Gewerkschaftsseite keinerlei Bewegung gibt und Verdi weiter an der realitätsfremden und nicht finanzierbaren Forderung von 750 Euro pro Monat mehr Gehalt“ festhalte. „Dabei muss nun allen klar sein, dass eine weitere Erhöhung des Angebots durch die BVG nur mit gravierenden Auswirkungen auf Mitarbeitende und Fahrgäste einhergehen kann.“
Nach einer Urabstimmung könnten deutlich längere Ausstände auf die Fahrgäste und das kommunale Unternehmen zukommen. Für einen unbefristeten Streik müssten in einer Urabstimmung mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Mitglieder stimmen.
Wie lange der Ausstand dann tatsächlich dauern würde, ist unklar. 2008 legte Verdi die BVG während der Tarifverhandlungen innerhalb von drei Monaten rund sechs Wochen lahm.
Letzte Entgeltrunde vor Beginn des Ukraine-Kriegs
Verdi war mit einer Forderung von monatlich 750 Euro mehr bei einer Laufzeit von zwölf Monaten in die Verhandlungen gegangen. Zudem verlangte die Gewerkschaft ein 13. Monatsgehalt, eine Fahrdienst- beziehungsweise Wechselschichtzulage in Höhe von 300 Euro sowie eine Schichtzulage von 200 Euro.
Verdi hatte vor allem mit einem Nachholbedarf wegen der Inflation argumentiert. Zudem könne die BVG nur so als Arbeitgeber attraktiv bleiben. Die letzte Entgeltrunde bei der BVG war noch vor Beginn des Ukraine-Kriegs und der Preiswelle.
Muss die BVG attraktiv werden - oder ist sie es schon?
Die BVG erkennt den Nachholbedarf an. Das Unternehmen betont jedoch, dass man sich bei den Tarifverhandlungen 2021 mit Verdi auf eine Wochenarbeitszeit von 37,5 statt 39 Stunden bei vollem Lohn geeinigt habe. Zudem sei man als Arbeitgeberin jetzt schon attraktiv und habe im vergangenen Jahr mehr als 2.000 Menschen neu eingestellt. Die Verdi-Forderungen seien nicht finanzierbar.
Ein neues Angebot legte die BVG am Freitag nicht vor - man habe jedoch „verschiedene Denkanstöße und Modelle“ vorgelegt, teilte das Unternehmen mit. Die jüngste Offerte lag bei stufenweise 375 Euro und 24 Monaten Laufzeit. Beim Weihnachtsgeld bietet die BVG nach eigenen Angaben 200 Euro in zwei Schritten zusätzlich. Bei der Fahrdienst- beziehungsweise Wechselschichtzulage - liegen demnach 225 Euro auf dem Tisch, bei der Schichtzulage 130 Euro. Im Schnitt würden die Löhne aller Mitarbeiter in zwei Jahren um 13,6 Prozent steigen.