Tag der Vermissten Damals und heute: Suchdienst des DRK extrem gefragt
Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Suchdienst des Deutsche Roten Kreuzes ein Rettungsanker, um Familienangehörige wiederzufinden. Noch immer ist der Dienst gefragt. Heute hilft er auch Flüchtlingsfamilien.
Berlin (dpa) - Fast 4000 Flüchtlingsfamilien in Deutschland haben sich seit 2016 auf der Suche nach verlorenen Angehörigen an den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes gewandt.
So viele Anfragen von Flüchtlingen gab es noch nie, teilte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) am Dienstag zum Internationalen Tag der Vermissten (30. August) mit. "Krieg, Flucht und Vertreibung sind Themen, mit denen sich der Suchdienst aufgrund der vielen internationalen Krisen immer stärker beschäftigen muss", sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters am Dienstag in Berlin. "Es sind die schwierigsten Fälle, die bei uns landen." Bei den meisten Vermissten geht es um Menschen aus Afghanistan, Syrien und Somalia.
Nach DRK-Angaben gibt es heute weltweit mehr Flüchtlinge als je zuvor seit 1945. 2016 wandten sich fast eine Million Menschen an Büros der Suchdienste des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. In Deutschland gingen 2016 rund 2800 Anfragen von Flüchtlingen ein. Im ersten Halbjahr 2017 waren es rund 1200 - darunter ging es fast 300 Mal um vermisste Kinder und Jugendliche. Viele Familien wurden bei ihrer oft gefährlichen Flucht über das Mittelmeer und die Balkan-Route auseinandergerissen.
In rund der Hälfte aller Fälle konnte der deutsche Suchdienst bisher weiterhelfen. Besonders schwierig macht die Arbeit trotz der digitalen Suche samt Fotos nicht nur das Fehlen genauer Geburtsdaten und -Orte, auch das Transkribieren der Namen aus dem Arabischen stellt die Teams vor Herausforderungen. Allein für den Vornamen Mohammed gebe es 70 verschiedene Schreibweisen, sagte Ronald Reimann, Vize-Leiter der Leitstelle des DRK-Suchtdienstes.
Noch immer sind in Deutschland auch viele Menschen seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen. Die Zahl der Anfragen liegt beim deutschen Suchdienst noch immer bei rund 8000 im Jahr. Mittlerweile sucht bereits die Enkelgeneration nach ihren Großeltern. Das zeige, wie sehr dieses Thema die deutsche Gesellschaft 72 Jahre nach Kriegsende noch bewege, sagte Seiters.
Die digitalisierte Kartei des Suchdienstes enthält inzwischen Informationen zu mehr als 20 Millionen Menschen. Bis Ende 2023 wird die Arbeit des Suchdienstes vom Bundesinnenministerium finanziert. Und noch immer finden nach mehr als 70 Jahren überlebende Zeitzeugen zusammen, die zum Beispiel als Kinder in den Kriegswirren getrennt wurden.