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Tierhype in Thailand Ein Hippo-Mädchen als Kassenschlager: Das Phänomen Moo Deng

Für Thailand war die Geburt des Zwerghippos Moo Deng im Juli ein Glücksfall. Der Hype um das Flusspferdchen lässt die Kassen klingen - selbst Jesus und die Mona Lisa mischen mit.

Von Carola Frentzen, dpa 19.01.2025, 08:17
Mit ihren Pausbacken und ihrer süßen Mimik eroberte Moo Deng im vergangenen Jahr die Herzen und das Internet.
Mit ihren Pausbacken und ihrer süßen Mimik eroberte Moo Deng im vergangenen Jahr die Herzen und das Internet. Carola Frentzen/dpa

Bangkok - Wenn niedliche Tierbabys aus Zoos viral gehen, dauert der Hype meist ein paar Wochen und flaut dann merklich ab. Ob Eisbär, Panda oder Mini-Gorilla - sobald der Nachwuchs größer und die Kindchenschema-Merkmale kleiner werden, geht das Interesse zurück. Nicht so in Thailand: Das im vergangenen Juli geborene Zwerghippo-Mädchen Moo Deng ist auch nach einem halben Jahr in aller Munde, vor allem dank ihrer exzessiven Vermarktung. Das Flusspferdchen lässt die Kassen klingeln - aber der Kommerz nimmt mittlerweile bizarre Formen an.

Denn wenn es um Moo Deng geht, gibt es fast nichts, was es nicht gibt. Schlüsselanhänger in Hippo-Form, Plüschtiere mit rosa Moo-Deng-Wangen, T-Shirts und Tassen mit ihrem Antlitz und allerlei Figürchen und Nippes, so ging es los. Mittlerweile hängen neben Thailands berühmten Elefantenhosen auch solche mit Moo-Deng-Muster. Zudem wurden ihr Sticker und Aufkleber, Postkarten, Kissen, Kalender, Einkaufstaschen, Gedenkmünzen, Malbücher und Smartphone-Hüllen gewidmet.

Zur Weihnachtszeit übertrafen sich die Kreativen in dem buddhistischen Land dann selbst und entwarfen ziemlich skurrilen Christbaumschmuck: Jesus hält Moo Deng im Arm. In einem Schaufenster im Bangkoker Touristen-Stadtteil Sukhumvit wurde ein religiöses Hippo-Bild gesichtet, auf dem Maria liebevoll auf das strahlende Tierkind blickt. Wer noch etwas Besonderes für die heimische Wand sucht, wird ebenfalls fündig: Selbst die Mona Lisa ist jetzt mit Moo Deng im Arm als Poster erhältlich.

Wie Moo-Deng-Memes das Internet eroberten

Tatsächlich war die Geburt des pausbäckigen Zwerghippos für die wegen der Corona-Pandemie stark angeschlagene Tourismus-Industrie ein gefundenes Fressen. Schnell wurde Moo Deng zur Internet-Sensation und lockte Unmengen von Fans in den Khao Kheow Open Zoo in der Nähe der Hauptstadt Bangkok. Fotos, Videos und vor allem Memes mit Moo Dengs witzigsten Gesichtsausdrücken gingen viral. Mit ihrer expressiven Mimik wurde sie schnell auch international zum It-Girl.

Plötzlich verzeichnete der eher unbekannte Tierpark Rekord-Besucherzahlen aus dem In- und Ausland. Das „Moo-Deng-Fieber“, wie Medien es nennen, schaffte bald neue Jobs, als Souvenirgeschäfte und Essensstände aus dem Boden schossen.

Praktisch: Wer heutzutage das pummelige Flusspferd bestaunen möchte, muss nicht einmal mehr in den Zoo - es kommt per Fernbedienung in die Häuser: Die Sendung „Moo Deng Diary“ zeigt täglich im TV, was Hippo-Mädchen gerade so treibt. „Machen Sie sich bereit für endlose Niedlichkeit mit Moo Dengs täglichen Highlights!“, versprach der Anbieter True. Auch ein offizielles Lied samt Musikvideo ist auf dem Markt. Den 50 Sekunden langen Song gibt es in vier Sprachen: Thai, Englisch, Chinesisch und Japanisch.

Ein Hippo-Mädchen als eingetragene Marke

Für das „Bangkok Illumination Festival“ von Mitte Dezember bis Anfang Januar diente Moo Deng ebenfalls als Maskottchen: Das thailändische Fremdenverkehrsamt hatte überall in der Stadt - vom alten Bahnhof Hua Lamphong bis zur Shopping-Meile rund um Central World - leuchtende Hippo-Skulpturen installiert und das gesamte Event unter den Titel „Moo Deng erobert Bangkok“ gestellt. „Ob Sie neben DJ Deng tanzen, mit Madame Deng einkaufen oder mit Dengzilla Fotos schießen, dieses einzigartige Erlebnis vereint Kreativität, Spaß und Innovation“, jubelte die Behörde.

Mittlerweile gibt es ein offizielles Logo, und das Tier ist zu einer eingetragenen Marke der „Zoological Park Organisation of Thailand“ avanciert. Dutzende große Firmen haben sich die Rechte gesichert, Moo-Deng-Motive für ihre Produkte zu verwenden.

„Es ist schon kurios, was da seit Monaten passiert, aber irgendwie finde ich es auch lustig“, sagt die Britin Natasha Taylor-Bryson, die seit vier Jahren in Bangkok lebt und im vergangenen Jahr selbst in den Zoo gefahren war, um Moo Deng live zu sehen. Glaubt sie, dass der Hype anhält? „Auf jeden Fall! Ich glaube, die Marke Moo Deng wird sogar das Tier überleben und irgendwann aus der Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sein - wie so eine Art thailändischer Snoopy“, ist sie überzeugt.

Der Name Moo Deng bedeutet übrigens so viel wie „hüpfendes Schwein“ und bezeichnet gleichzeitig ein bekanntes thailändisches Street-Food-Gericht: gerösteten Schweinebauch auf Reis mit einer dicken roten Sauce. Rund 20.000 Facebook-User hatten letztes Jahr darüber abgestimmt, wie der drollige Neuzugang des Zoos heißen soll - und obwohl der kugelrunde Besuchermagnet kein Schweinchen ist, scheint ihr der Name doch wie auf den Leib geschneidert.

Tierschützer sind besorgt

Bei aller Moo-Deng-Euphorie wird das Tierwohl jedoch meist übersehen. „Was will Moo Deng?“, fragte die Tierrechtsorganisation Peta zuletzt in einem Blog. „Wir können keine Gedanken lesen, aber man braucht keine übersinnlichen Fähigkeiten, um zu wissen, dass Ruhm, Menschenmengen oder T-Shirts mit ihrem Bild nicht Moo Dengs oberste Priorität sind.“

Zwergflusspferde lebten in der Wildnis zurückgezogen, versteckten sich tagsüber meist und seien nachtaktiv, hieß es. Der Khao Kheow Open Zoo setze Moo Deng hingegen täglich von 8.00 bis 17.00 Uhr lauten Menschenmengen aus. „Sie kann sich nirgendwo verstecken und hat kaum genug Wasser zum Schwimmen.“ Das Tierkind diene überhaupt nur dazu, die Massen zu unterhalten und Profit zu machen, monierte die Organisation und fügte hinzu: „Jedermanns "Liebling" zu sein, fühlt sich nicht gut an, wenn man von allen ausgenutzt wird.“