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Auf Deutschlands größtem Simson-Treffen in Zwickau wird morgen Harry Windisch geehrt Ein Leben mit Schwalbe, Sperber & Co.

Von Michael Klug 20.07.2012, 03:15

Das Simson-Treffen gilt als größtes Treffen von Fans der DDR-Mopedmarke. Es findet in diesem Jahr bereits zum zehnten Mal statt.

Wilkau-Haßlau (dapd) l Bei Harry Windisch ist die DDR noch lebendig. Sämtlich Modelle der DDR-Kultmarke Simson hat der Mechaniker in seiner Doppelgarage in Wilkau-Hasslau bei Zwickau geparkt. Originalgetreu sind dort Schwalbe, Habicht, Spatz und Sperber auf wenigen Quadratmetern vereint. Und selbst der Blaumann aus Dederon, den der 79-Jährige allmorgendlich vor seinem Gang in die kleine Werkstatt überzieht, stammt noch aus ostdeutscher Produktion. "Eigentlich hat sich in den Jahren nie etwas geändert, seit ich die Werkstatt eröffnet habe", sagt Windisch. Bei Deutschlands größtem Simson-Treffen morgen in Zwickau wird er als Deutschlands ältester Simson-Händler geehrt.

Ende der 1960er Jahre hatte Windisch von den Suhler IFA-Werken die Lizenz zum Schrauben erhalten. "Damals hatte ich 20 Jahre lang Fahrräder und Autos repariert. Dann wollte ich unbedingt selbständig sein", sagt er. Fünf Jahre musste er gegen die sozialistische Bürokratie für seine berufliche Freiheit kämpfen, ehe er am 1. März 1971 in einer Doppelgarage in Wilkau-Haßlau seine Werkstatt eröffnen durfte.

Zehntausende Mopeds hat Windisch seitdem auf Vordermann gebracht. Und weil die Zweitakter im Unterschied zur Konkurrenz bis zu 60 Stundenkilometer schaffen, hat er bis heute gut zu tun. "Viele behalten die Simson, weil die selbst auf der Landstraße ein guter Auto-Ersatz sind", sagt Windisch.

Verbracht hat Windisch die Jahre nahezu allein in seiner Garage. Nur einmal interessierte sich seine Tochter für das Geschäft und machte ein Praktikum. "Nach ein paar Tagen hatte sie Angst, dass sie mit schmutzigen Mechaniker-Händen keinen Mann findet", sagt Windisch. Windisch blieb allein in seiner Doppelgarage.

Wenn Windisch irgendwann die Schlüssel für die Doppelgarage in Wilkau-Haßlau an den Nagel hängt, ist die Traditionsmarke Simson um eine Rarität ärmer. Sorge um den Simson-Nachwuchs muss sich dann aber niemand machen, wie Lajos Babel von der Firma ostoase.de sagt.

"Vor zehn Jahren war es noch schwer, überhaupt Teile zu bekommen. Heute ist das alles aber kein Problem mehr", sagte der 33-jährige Zwickauer, der sich vor ein paar Jahren auf den Vertrieb von Ersatzteilen im Internet spezialisiert hat.

Grund dafür ist, dass am einstigen Firmenstandort von Simson in Suhl unter dem Firmennamen MZA vom Reifen bis zur Zündkerze sämtliche Verschleißteile wieder produziert werden. Zudem könnten Simson-Fahrer ihre Mopeds selbst reparieren, erklärt Babel: "Alles ist simpel konstruiert."

Mechaniker Harry Windisch ärgern solche Aussagen nicht. "Was mich mehr stört, ist ein ungepflegtes Moped", sagt er. Ein solches wird er unter den rund 1000 knatternden Zweitaktern, die zum Simson-Treffen erwartet werden, allerdings nicht finden. Vielmehr ist das Treffen, das in diesem Jahr seine zehnte Auflage erlebt, eine Parade der schönsten Simsons überhaupt.