Beim Hamburger Verkehrsverbund tritt morgen Alkoholverbot in Kraft / Aufruf zum großen "Abschiedstrinken" per Facebook Entzug im Zug: Das Bier bleibt draußen
Hamburg geht demnächst mit einem Bußgeld gegen Alkohol in öffentlichen Verkehrsmitteln vor. Nach einem Monat Anlaufphase werden vom 1. Oktober an 40 Euro für Verstöße fällig.
Von Silvia Haselhuhn
Hamburg (dpa). Bierleichen zwischen hin und her rollenden Flaschen in der U-Bahn, Gelage auf dem S-Bahnsteig, fröhliches Vorglühen auf dem Weg zur Party – all‘ das soll in Hamburger Bussen und Bahnen am 1. September enden.
Schon jetzt weisen Plakate an Haltestellen, auf Bahnsteigen und in Bussen darauf hin: "Alkoholfreie Zone. Danke, dass Sie mitmachen." Vom 1. September an dürfen Fahrgäste in allen U- und S-Bahnen des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) und an den Haltestellen weder Alkohol trinken noch geöffnete Flaschen bei sich tragen. Obwohl das Verbot schon am 1. September in Kraft tritt, muss die Strafe von 40 Euro erst ab dem 1. Oktober gezahlt werden.
Der HVV setzt auf eine einmonatige "Verwarnphase", in der die Fahrgäste in Gesprächen, mit Infokarten und Durchsagen aufgefordert werden, das Alkoholtrinken zu unterlassen. Eine Strafe muss dann noch nicht gezahlt werden. "Wir wollen den Fahrgästen die Möglichkeit geben, sich an das Alkoholverbot zu gewöhnen", sagt HVV-Sprecherin Gisela Becker.
Von dem Verbot ausgenommen sind die Nord-Ostsee-Bahn, Nordbahn und DB Regio. Diese Linien überschreiten das HVV-Gebiet in Richtung Schleswig-Holstein, wo das Alkoholverbot nicht mehr gilt. Fest verschlossene Flaschen mit Wein, Bier und Schnaps dürfen Fahrgäste aber weiterhin dabei haben. Und natürlich können Menschen unter Alkoholeinfluss auch weiterhin Busse und Bahnen nutzen – nur während der Fahrt dürfen sie nicht trinken.
Wie wird das Einhalten des Alkoholverbots kontrolliert? "Unsere Sicherheitskräfte gehen bei der Kontrolle nach Augenschein und Gehör", sagt HVV-Sprecherin Becker. "Es wird definitiv keine Körperkontrolle oder Taschenkontrolle geben." Andere deutsche Städte schauen neugierig auf das Entzugsprogramm der Hansestadt. "Im Moment sträuben wir uns noch, was ein solches Alkoholverbot angeht. Die Frage ist immer, wie man das umsetzen kann", sagt Petra Reetz von der Berliner Verkehrsgesellschaft BVG. "Sollte sich herausstellen, dass Hamburg mit diesem Konzept einen Königsweg gefunden hat, würden wir uns dem auch nicht versperren."
In Sachsen-Anhalt ist das Alkoholverbot ebenfalls noch kein Thema. Ihm sei kein Verkehrsunternehmen des Landes mit solchen Plänen bekannt, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Das Thema habe vor einem Jahr schon einmal zur Debatte gestanden. Die Verkehrsbetriebe hätten einen solchen Schritt jedoch als nicht notwendig erachtet. Zudem sei es sehr schwierig, ein Verbot zu kontrollieren.
Das Alkoholverbot in Hamburgs Bussen und Bahnen wurde lange diskutiert. Die niedersächsische Eisenbahn- gesellschaft Metronom untersagt seit Herbst 2009 den Alkoholkonsum in ihren Zügen. "Die Strecken sind sauberer und es gibt weniger Ärger mit angetrunkenen Reisenden", sagt Metronom-Sprecherin Tina Allerheiligen. "Allerdings kann man Metronom und den HVV schwer miteinander vergleichen, da unsere Passagiere häufig auf längeren Strecken unterwegs sind als Fahrgäste des HVV."
Bei einer Imageanalyse des HVV im vergangenen Jahr hatten sich 86 Prozent der Fahrgäste für ein Alkoholkonsumverbot im Hamburger Nahverkehr ausgesprochen. Doch längst nicht alle Hamburger fiebern den trockenen Zeiten entgegen. Im sozialen Netzwerk Facebook ruft eine Gruppe zum "HVV-Abschiedstrinken" am 30. September auf – denn vom 1. Oktober an wird es ernst mit einer Geldbuße für Alkoholsünder.
5118 Menschen haben laut Facebook ihre Teilnahme bereits angekündigt. Der Veranstalter freue sich auf "eine friedliche und gelassene Party". Meinung