Bestechungsskandal Gekaufte Noten: „Habe immer ein schlechtes Gewissen gehabt“
Eine Sachbearbeiterin der Universität Duisburg-Essen manipuliert die Noten von Studierenden und kassiert dafür Schmiergeld. Vor Gericht kämpft sie mit den Tränen.

Essen - Jahrelang schöpfte niemand Verdacht: Zwischen 2017 und 2021 haben sich mindestens 40 Studierende der Universität Duisburg-Essen bessere Noten „gekauft“. Dafür wurde eine ehemalige Sachbearbeiterin geschmiert, die an der Schaltstelle des universitätseigenen IT-Systems saß. Seit Mittwoch steht die 42-Jährige in Essen vor Gericht. Laut Anklage geht es um 199 Notenmanipulationen und fast 120.000 Euro Bestechungsgeld.
Zum Prozessauftakt hat die Ex-Angestellte ein Geständnis abgelegt. „Ich hatte immer ein schlechtes Gewissen“, sagte sie den Richtern des Essener Landgerichts unter Tränen. „Ich habe dafür selbst kein Verständnis.“ Mitangeklagt ist ein früherer Student, der den Kontakt zu den Studierenden hergestellt haben soll.
Bis zu 900 Euro für eine bestandene Prüfung
Laut Anklage wurden zunächst 500 Euro verlangt, um die Note 4,0 – und damit ein „Bestanden“ – zu erreichen. Wegen der hohen Nachfrage soll der Preis in der Folgezeit jedoch kontinuierlich angehoben worden sein – bis auf 900 Euro. Für jede weitere Notenanhebung um 0,3 Punkte sollen zuletzt 50 Euro gefordert worden sein.
Das Geld hat der Mitangeklagte nach eigenen Angaben von den Studierenden in einem Umschlag erhalten. Auf einem Zettel soll dabei die gewünschte Note vermerkt worden sein, die in der Klausur- oder Prüfungsliste verändert werden sollte. Diese Informationen leitete der 39-Jährige an die Sachbearbeiterin weiter.
„Wir konnten unser Glück kaum fassen“
Die ersten beiden Studenten hätten schließlich gleich rund 1.500 Euro gezahlt. „Wir konnten unser Glück kaum fassen“, sagte der 39-Jährige den Richtern. Danach sei es immer weitergegangen. Das Bestechungsgeld wurde angeblich hälftig geteilt.
Von seinem Gesamtanteil will der Ex-Student später unter anderem seine Hochzeit bezahlt haben. Die ehemalige Sachbearbeiterin war nach eigenen Angaben ständig in finanziellen Schwierigkeiten: „Ich konnte nicht mit Geld umgehen.“
Prüfungen zum Teil gar nicht abgelegt
Einige der Studierenden hatten laut Anklage gar nicht an den Prüfungen teilgenommen. Trotzdem waren im IT-System unter ihren Namen später Noten eingetragen - bis hin zur 1,0.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe waren umfangreiche Ermittlungen angelaufen. Die 42-Jährige ist im Sommer 2023 aus dem Dienst entlassen worden – nach über 20 Jahren.
Studierende bereits verurteilt
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft sind bereits zahlreiche Strafverfahren wegen Bestechung gegen Studierende abgeschlossen worden, die ihre Noten durch Geldzahlungen verbessert hatten. Sie sollen zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt worden sein.
Für den aktuellen Prozess haben die Richter am Essener Landgericht noch sechs Verhandlungstage bis zum 30. April vorgesehen.