Wissenschaft Gemkow will neue Gründerzeit für Forschung und Entwicklung
Sachsen betrachtet die Wissenschaft als eine Art Lebensversicherung für das Land. Künftig sollen Forschungsergebnisse schneller in Produkte überführt werden.

Dresden - Sachsens Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) schwebt eine neue Gründerzeit für Forschung und Entwicklung vor. Konkret geht es ihm um bessere Startchancen für Ausgründungen aus Universitäten und Hochschulen. Als Schwerpunkte sieht der 47-Jährige Branchen wie die Halbleiterindustrie und die Biotechnologie. „Da haben wir bereits viele Kompetenzen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Langfristig müsse man die Frage beantworten, was künftig die Strukturen der Wertschöpfung in Sachsen seien. „Wissenschaft ist dabei wie eine Lebensversicherung.“
Sachsen will bei Forschung an der Weltspitze dranbleiben
„Alles hängt miteinander zusammen. Wenn exzellente Forschung stattfindet, zieht das die klügsten Köpfe an. Wenn die klügsten Köpfe bei uns arbeiten, bleibt die Forschung exzellent“, stellte Gemkow klar. Die erfolgreiche Entwicklung habe nicht erst vor ein paar Jahren begonnen, sondern schon nach der Friedlichen Revolution. Das Ziel müsse darin bestehen, an der Weltspitze dranzubleiben und Innovationen zu erzeugen, die in Wertschöpfung umschlagen können. Das habe nicht nur etwas mit Geld zu tun, sondern mit Strukturen, Flexibilität und Möglichkeiten eine Ausgründung.
„Wie gelingt es uns in Zukunft, all diese Innovationen aus den Instituten und Hochschulen noch schneller in Produkte zu überführen?“, fragte Gemkow. Ausgründungen oder Transfers an bereits bestehende Unternehmen schafften Arbeitsplätze und generierten Steuereinnahmen für den Staat. Deshalb müsse man das Gründungsgeschehen genauer in den Blick nehmen und mögliche Bremsklötze beseitigen. Maßstab sollten Regionen in einer Welt sein, die sich in puncto Innovation einen Namen gemacht haben, etwa das Silicon Valley im US-Bundesstaat Kalifornien.
Gemkow: Deutschland braucht eine Kultur der Investitionen
„Wir brauchen praktisch eine Kultur der Investitionen, die in Deutschland so noch nicht vorhanden ist, sagte Gemkow. Es gehe darum, an eine Vision zu glauben und auch mal über einen Zeitraum von 10 oder 15 Jahren Hilfestellung zu geben, bis sich der Erfolg einstelle. Staatliches Kapital könne dabei einen Anreizfaktor für privates Kapital, auch aus dem Ausland, darstellen und die Finanzierung und Gründung junger Unternehmen erleichtern.
Laut Gemkow geht es bei Ausgründungen immer auch um rechtliche und Interessenabwägungen etwa bei der Frage nach dem geistigen Eigentum. „Oft ist der entscheidende Punkt aber das Kapital, das ein Unternehmen in der Gründungsphase benötigt. Der Staat gerät als Akteur schnell an seine Grenzen.“ Steuermittel könnten nicht für Projekte ausgegeben werden, die gerade in der Anfangsphase mit einem Risiko verbunden seien. „Es stellt sich die Frage, wie der Staat künftig solche Prozesse unterstützen kann und welche rechtlichen Regelungen hierfür geändert werden müssen.“
Sachsen will mehr Wissenschaftler für Firmengründungen motivieren
Gemkow sieht in diesem Kontext zudem eine psychologische Komponente. „Der Erfolg einer Gründung unter Ausgründung wird nicht nur massiv davon abhängen, wie viel Kapital man vielleicht auch längerfristig zur Verfügung stellen kann. Eine andere Frage ist: Wie schaffen wir es, Wissenschaftler mit ihren Ideen für die Geschäftswelt zu interessieren - also einen Bereich, in dem sie bislang nicht zu Hause waren und der vielleicht nie ein Lebensziel war.“ Sachsen sollte deshalb Kompetenzen für die Gründung und die Führung von Unternehmen systematisch mit der exzellenten Forschung zusammenbringen.
„Wir könnten Gründungsteams auf den Weg bringen, die Kompetenzen in Forschung und Entwicklung mit der Akquise von Risikokapital und Fähigkeiten für ein Firmenmanagement verknüpfen. Bisher bleibt das noch zu sehr dem Zufall überlassen. Wir müssen es schaffen, dass die richtigen Leute gezielt zueinanderfinden“, erklärte Gemkow. Solche Fähigkeiten gebe es an vielen Stellen bereits, so in den betriebswirtschaftlichen Fakultäten der Universitäten und an der Handelshochschule in Leipzig.
Wissen soll nicht ungenutzt bleiben
Laut Gemkow sollen auch Hochschulen noch besser in die Lage kommen, sich selbst an Firmen zu beteiligen oder eine Ausgründung zu unterstützen. Mit dem Hochschulgesetz habe Sachsen bereits eine größere Freiheit dafür ermöglicht. Dieser Prozess soll in den kommenden Monaten deutlich an Fahrt gewinnen. „Wir werden uns bei den Unternehmensgründungen besser aufstellen. Denn wir haben eine exzellente und breite Forschungslandschaft, in der viel Wissen entsteht. Es darf nicht ungenutzt bleiben.“