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Rechtsstreit um Bordell Gericht verhandelt über Erweiterung für Großbordell Artemis

Berlins größtes Bordell Artemis, das zugleich ein Saunaclub ist, gibt es schon fast 20 Jahre. Die Betreiber wollen expandieren. Über diese Pläne muss nun ein Gericht entscheiden.

Von dpa Aktualisiert: 02.12.2024, 15:34
Das Gericht verhandelte vor Ort über die Bordell-Baugenehmigung.
Das Gericht verhandelte vor Ort über die Bordell-Baugenehmigung. Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin - In einer ausführlichen Verhandlung unter freiem Himmel und in einer alten Lagerhalle hat das Berliner Verwaltungsgericht den Streit um eine Erweiterung des Großbordells Artemis besprochen. Bei der Gerichtsverhandlung, bei der Richter, Anwälte, einer der Bordellbesitzer, Bezirksvertreter und Journalisten mit dicken Jacken und auch Mützen und Handschuhen erschienen, ging es um eine bislang abgelehnte Baugenehmigung für eine Lagerhalle zwischen Autobahnen und Zuggleisen nahe der Messe in Charlottenburg.

Die Entscheidung sollte noch am Montagnachmittag verkündet werden. Richterin Anna von Oettingen betonte: „Die grundsätzliche Frage darf man schon stellen: Wen stört es denn hier?“ Mit ihren kritischen Nachfragen zielte die Richterin während der Verhandlung auch mehr in Richtung des zuständigen Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf als der Bordellbetreiber.

Stört es oder nicht?

Der Artemis-Besitzer Hakim Şimşek, der die Lagerhalle umbauen will und gegen den Bezirk klagt, sagte leicht gereizt: „Hier störe ich niemanden. Hier gibt es keine Nachbarn, keine Kinder, keine Schulen.“ Er finde Bordells und Prostitution in Wohngebieten nicht richtig. Entsprechende Kaufangebote habe er öfter gehabt, aber immer strikt abgelehnt. 

Ein Vertreter des Bezirksamtes erwiderte: „Hier stört es.“ Zugleich räumte er ein: „Aber in der Innenstadt stört es noch mehr.“ Trotzdem bleibe der Bezirk bei seiner Ablehnung und wolle den Umbau nicht.

Vor Gericht ging es aber um Baurecht und Nutzungspläne und weniger um eine Frage des Bordellbetriebs. Der Bezirk hatte seine Ablehnung der Baugenehmigung mit mehreren Aspekten des Bau- und Planungsrechts begründet.

Größtes Bordell in Berlin

Das Artemis hatte 2005 in einem mehrgeschossigen früheren Lagerhaus an der Autobahn eröffnet. Es ist das größte Bordell in Berlin und eines der größten in Deutschland. Die Betreiber sprechen auf ihrer Internetseite von einem FKK-Club und Bordell mit Saunen und Swimmingpool. Besucher zahlen eine Pauschale von 90 Euro für die Nutzung der Wellnesseinrichtungen. Sex kostet extra und wird direkt bei den Prostituierten gezahlt.

2009 kauften die beiden Betreiber die jetzt strittige Lagerhalle mit 4000 Quadratmetern Fläche in der Nähe. 2017 beantragten sie den Bau eines achtgeschossigen Bordells. Wegen der Höhe wurde das abgelehnt. 

2019 beantragten sie, nur die Halle auszubauen. 32 Zimmer für die Prostituierten und ihre Kunden soll es geben, sogenannte Verrichtungszimmer. Außerdem Zimmer für die Frauen, die dort auf Selbstständigen-Basis arbeiten sollen, zum Schlafen und Ausruhen.

Die Richterin betonte, bei der ersten Ablehnung sei es eigentlich nur um die Gebäudehöhe gegangen. Nun spielten plötzlich weitere Aspekte eine Rolle. Dabei sei der Zweck des Gebäudes derselbe geblieben. 

Auch Schallschutz spielt eine Rolle

Auch der Schallschutz nach außen gegen die Autobahn und auch innerhalb spielte eine Rolle. „Daran haben Sie doch bestimmt gedacht“, sagte die Richterin. „Sie wollen ja nicht, dass eine Dame mit einem Kunden durch den Lärm der anderen Dame und ihrem Kunden gestört wird.“ Die Antwort des Bordellbetreibers: „Selbstverständlich.“

Nach mehr als zwei Stunden mit Rundgang auf dem Gelände bei winterlichen Temperaturen und der eigentlichen Verhandlung in der ebenfalls eiskalten Halle stellte die Richterin mit Blick auf die ebenfalls wippenden und zitternden Prozessteilnehmer erst mal fest: „Oh, ist mir kalt!“ Erleichtert verließen alle den Ort.

Jahrelanger Rechtsstreit nach Razzia

Das Artemis war auch 2016 durch eine große Razzia der Polizei in die Schlagzeilen geraten. Mehrere Männer und Frauen wurden festgenommen und in Untersuchungshaft gesperrt. Die Staatsanwaltschaft sprach unter anderem von Verbindungen zur organisierten Kriminalität. Doch die Vorwürfe fielen in sich zusammen.

Die Betreiber zogen vor Gericht und setzten nach mehreren Jahren durch, dass das Land Berlin sich 2023 entschuldigte und 250.000 Euro Entschädigung zahlte. Nach eigenen Angaben spendeten sie daraufhin 350.000 Euro an das Kinderkrankenhaus der Uniklinik Charité.