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Linksextremismus Gescheiterter Anschlag 1995: Bewährungsstrafen

Drei Linksextremisten wollten vor 30 Jahren einen Berliner Gefängnisbau in die Luft sprengen. Durch Zufall flogen sie auf und tauchten Jahrzehnte unter. Zum Prozess kamen sie zurück.

Von dpa Aktualisiert: 08.04.2025, 12:44
Peter K. (l) und Thomas W. stehen nach der Urteilsverkündung vor dem Berliner Kammergericht.
Peter K. (l) und Thomas W. stehen nach der Urteilsverkündung vor dem Berliner Kammergericht. Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berlin - Nach dem Urteil gab es Umarmungen und Dosenbier. 30 Jahre nach einem gescheiterten linksextremen Sprengstoffanschlag in Berlin und einer langen Flucht sind zwei Männer zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Damit konnten Peter K. (65) und Thomas W. (62) nach jahrzehntelangem Untertauchen in Südamerika und einer Rückkehr nach Deutschland das Berliner Kammergericht als freie Männer verlassen. 

Die eher geringe Strafe sei trotz des geplanten schweren Anschlags angemessen, weil es letztlich beim Versuch geblieben sei, weil seit der Tat viel Zeit vergangen sei und weil die Täter zurückgekehrt seien und gestanden hätten, begründete das Gericht das Urteil. Verurteilt wurden die beiden wegen des Versuchs des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion. 

Verständigung zwischen Prozessbeteiligten

Vorausgegangen war eine sogenannte Verständigung zwischen den Prozessbeteiligten. Teil der Verständigung waren die Rückkehr und die Geständnisse der beiden.

Peter K. und Thomas W. und ein inzwischen gestorbener Komplize hatten als Gruppe unter dem Namen „Das K.O.M.I.T.T.E.E.“ den Sprengstoffanschlag geplant. Ziel war in der Nacht vom 10. auf den 11. April 1995, also vor fast genau 30 Jahren, das im Bau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau.

Purer Zufall verhinderte den Anschlag

Etwa 20 Unterstützer verfolgten die Urteilsbegründung, viele davon grauhaarig wie die beiden Angeklagten. Nur der „pure Zufall“ habe die Explosion und Zerstörung des Gebäudes mit 120 Kilogramm Sprengstoff verhindert, sagte der Richter. 

Als die Polizei vorbeikam, hätten die Männer „Hals über Kopf“ die Flucht ergriffen und dabei „jede Menge Personaldokumente“ wie Ausweise in den Autos gelassen und so ihre Anwesenheit bestätigt. Bei den Ausführungen lächelte der Richter etwas und auch einer der Angeklagten musste grinsen. 

Halbes Leben auf der Flucht

Ausführlich erläuterte der Richter, warum die Tat auch nach 30 Jahren noch nicht verjährt sei: weil die Verjährungsfrist immer wieder unterbrochen worden sei. Das nun verhängte Strafmaß einer Freiheitsstrafe mit Bewährung sei weder Zeichen einer „verfolgungswütigen Justiz“ noch „unangebrachte Milde“, sondern eine angemessene Reaktion.

Immerhin hätten die Täter ein „extrem hohes Maß an krimineller Energie“ aufgebracht. Auf der anderen Seite läge die Tat drei Jahrzehnte zurück und dieses halbe Leben auf der Flucht in Südamerika und in Abgeschiedenheit von ihren Kontakten in der Heimat sei für die beiden Männer „kein Zuckerschlecken“ gewesen, so der Richter. „Es war keine Konstellation, wo die Angeklagten es sich hätten 30 Jahre gut gehen lassen.“

Dass die Männer nach Deutschland zurückgekehrt seien, zeige auch, dass sie anerkennen würden, dass die Justiz den Fall klären wolle. Bei ihren Geständnissen habe zwar nicht die Reue im Mittelpunkt gestanden, sagte der Richter. Anderseits müsse man feststellen, dass nichts zerstört worden sei und die Hauptlast der Tat die Angeklagten selbst zu tragen hatten.

Richter: Bewährung angemessen

Eine Bewährungsstrafe sei angemessen, weil die Prognose günstig sei, betonte der Richter. Beide Männer seien zudem in einem Alter, das nicht als förderlicher Faktor für weitere Kriminalitätsausübung spreche - leises zustimmendes Gelächter unter den grauhaarigen Besuchern im Zuschauerraum war die Antwort. 

Mit den Worten „Ich bedanke mich bei Ihnen und wir wünschen alles Gute“, beendete der Richter den Prozess. Draußen vor dem imposanten Gerichtsbau wurden einige Dosen Bier geöffnet. Dann gingen Angeklagte und Freunde in ein Café.