Kriminalstatistik Gewalt gegen Rettungskräfte soll genauer beleuchtet werden
Angriffe auf Feuerwehr und Co., auf Frauen und auf sexuelle Minderheiten - SPD und Grüne wollen diese Taten statistisch genauer erheben als bisher. Doch bei CDU und AfD stoßen die Forderungen der Regierungsfraktionen auf Kritik.
Hannover - Niedersachsens Regierungsfraktionen SPD und Grüne haben sich für eine detailliertere Erfassung mehrerer Kriminalitätsfelder ausgesprochen. Sie stimmten am Donnerstag im Landtag für einen Antrag, der ein Lagebild zur Gewalt gegen Rettungs- und Einsatzkräfte, eine tiefergehende Erfassung von Straftaten gegen Frauen und queerfeindlichen Taten sowie die Abbildung von Angriffen auf Journalisten fordert. Sozialminister Andreas Philippi (SPD) unterstützte dies und betonte, politische Entscheidungsträger seien gehalten, sich nicht von Gefühlen leiten zu lassen, sondern von Zahlen, Daten und Fakten. CDU und AfD stimmten gegen den Antrag.
Minister Philippi, der in Vertretung von Innenministerin Daniela Behrens (SPD) sprach, erklärte, dass die Landesregierung das Lagebild Gewalt gegen Polizeibeamte in diesem Jahr bereits um Feuerwehr und Rettungskräfte erweitert habe. Dabei gehe es darum, Rückschlüsse zu ziehen, wie die Retter besser geschützt und unterstützt werden können. „Uns ist dabei wichtig, die Menschen hinter der Uniform stärker in den Mittelpunkt zu stellen“, sagte Philippi. Immer wieder habe es in den vergangenen Jahren Angriffe auf Einsatzkräfte gegeben. „Diese Gewalt ist völlig inakzeptabel“, sagte der Minister.
Wie das Innenministerium erklärte, wird die Gewalt gegen Polizei- und Rettungskräfte bereits seit mehreren Jahren in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst. Weitergehende Ausführungen wurden bisher aber nur für die Polizei erhoben.
Im Jahr 2022 seien laut PKS fast 4300 Taten gegen Polizeibeamte gezählt worden, ein Anstieg um rund 18 Prozent zum Vorjahr. In ähnlichem Umfang stieg demnach auch die Zahl der Gewaltdelikte gegen Rettungskräfte von 241 auf 283 (plus 17 Prozent). In vielen Fällen handele es sich um Widerstandsdelikte und tätliche Angriffe.
Der Grünen-Innenpolitiker Michael Lühmann erklärte, es gehe Rot-Grün mit dem Antrag darum, Dunkelfelder auszuleuchten, um entsprechenden Taten künftig besser vorbeugen zu können. „Die Rettungsdienste wollen nicht mit stichsicheren Westen und mit Bodycams ausgerüstet werden, die wollen einfach arbeiten können“, sagte er.
Die CDU-Abgeordnete Saskia Buschmann kritisierte hingegen, bevor die Landesregierung neue Aufgaben für die Polizei erfinde, solle sie deren Probleme wie „teilweise schockierende Zustände“ auf den Polizeiwachen lösen. Eine Einbindung von geschlechtsspezifischer und queerfeindlicher Gewalt in die Kriminalstatistik gehe zudem zu weit, weil die Opfer dafür womöglich ihre sexuelle Orientierung offenlegen müssten. „Sich zu offenbaren oder eben auch nicht zu offenbaren, sollte eine freie Entscheidung sein“, sagte Buschmann.
Der AfD-Abgeordnete Stephan Bothe forderte, für ein vollständiges Lagebild müssten auch die Tätergruppen benannt werden. Ohne Belege zu nennen, behauptete Bothe, gegen Frauen oder die sexuelle Orientierung gerichtete Angriffe würden „überwiegend von Menschen aus den muslimischen Kulturkreisen“ begangen. Alexander Saade von der SPD hielt entgegen, Rot-Grün nehme diese Angriffe nicht hin, egal aus welcher Richtung sie kommen. „Wir wollen auf Basis einer verlässlichen Datenlage seriös diskutieren und nicht anhand von Gefühlen, die vielleicht auch noch künstlich geschürt werden“, sagte Saade. Das unterscheide die demokratischen Parteien vom rechten Rand.