Hafenentwicklung Wandel und Wachstum: Wie sich der Hafen Wilhelmshaven ändert
Für Öl und Kohle ist Wilhelmshaven ein wichtiger Umschlagort. Doch der Seehafen soll sich in den nächsten Jahren wandeln - gleich mehrere Segmente sollen Wachstum versprechen.

Wilhelmshaven - Niedersachsens größter Seehafen in Wilhelmshaven soll sich in den kommenden Jahren deutlich verändern: Weg vom Import von Kohle hin zur Anlandung verflüssigter, klimafreundlicher Gase - zeitgleich soll der Containerterminal JadeWeserPort wachsen, auch beim Autoumschlag. Einen entsprechenden Ausblick gab der Geschäftsführer der landeseigenen Hafeninfrastrukturgesellschaft NPorts, Holger Banik, bei einem Pressetermin im JadeWeserPort. „Es geht darum, dass wir unsere Häfen auch für die Zukunft aufstellen“, sagte Banik. Bei der Energiewende spielten Niedersachsens Häfen, darunter auch Wilhelmshaven, eine entscheidende Rolle.
Die Ausgangslage
Wilhelmshaven ist der drittgrößte deutsche Seehafen nach Hamburg und Bremerhaven. Der Umschlag in allen Hafenteilen der Stadt ist im vergangenen Jahr nach Angaben von Seaports of Niedersachsen insgesamt um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 35,3 Millionen Tonnen gewachsen. Den größten Anteil machen flüssige Massengüter wie zum Beispiel Öl aus, für diesen Rohstoff ist der Standort ein bedeutender Umschlaghafen.
Daneben werden auch Baustoffe und Kohle umgeschlagen. Die Menge an Kohle werden sich infolge des Strukturwandels bis voraussichtlich 2028 reduzieren, sagte Banik. Die Umschlagmenge lag zuletzt noch bei 2,6 Millionen Tonnen.
Und dann ist da noch der JadeWeserPort. Ausgelastet ist Deutschlands einziger Tiefwasserhafen auch rund zwölf Jahre nach seinem Start nicht. Innerhalb von fünf Jahren, so das ehrgeizige Ziel damals, sollte die Kapazität komplett ausgelastet sein und jährlich sollten 2,7 Millionen Standardcontainer (TEU) umgeschlagen werden. 2024 waren es 843.000 Standardcontainer.
Das Großprojekt
„Wir gehen weg von den ursprünglichen Energieträgern zu neuen Energieträgern“, erklärt Banik die Zukunftspläne. Zuletzt wurde in Wilhelmshaven in den Bau von Anlegern für zwei schwimmende Importterminals für Flüssigerdgas (LNG) investiert - ein LNG-Terminalschiff ist seit 2022 in Betrieb, das Zweite soll nach Verzögerungen in diesem Jahr folgen.
Abgelöst werden sollen diese schwimmenden Terminals durch das laut NPorts „größte Gasimportterminal Deutschlands“. Der sogenannte Anleger für verflüssigte Gase (AVG) soll Wilhelmshaven zu einer wichtigen Drehscheibe für den Import von klimafreundlichen Gasen für ganz Deutschland machen - etwa für die Produktion von Wasserstoff.
Dazu soll ein 1,7 Kilometer langer Anleger in der Jade entstehen mit bis zu sechs Schiffsliegeplätzen. „Der wird rund 600 Millionen Euro kosten, Stand heute. Das ist eine Riesen-Anlage“, sagte Banik. NPorts plant diesen Anleger zurzeit. Ende der 2020er Jahre könnte der Anleger an den Start gehen.
Noch sei aber die Finanzierung nicht gesichert. „Finanzierung bedeutet, dass auch unsere Kunden mitfinanzieren“, sagte der NPorts-Chef in Richtung der künftigen Nutzer, der Energiekonzerne Tree Energy Solutions (TES) und Uniper. „Das heißt, sie müssen uns Garantien geben, dass sie uns Geld geben, damit wir Kredite aufnehmen können.“ Entscheidungen stünden dort noch aus.
Das Potenzial
Beim Containerumschlag deuteten sich nach mauen Jahren zuletzt ein Wachstum an. Für dieses Jahr sei ein Umschlag zwischen 1,3 und 1,5 Millionen Standardcontainern anvisiert, sagte Banik. Das dürfte vor allem an einem Zusammenschluss der Reedereien Maersk und Hapag-Lloyd liegen. In ihrer „Gemini Cooperation“ ist der JadeWeserPort als einer der Hauptumschlagsplätze vorgesehen.
„Der Containerhafen, der JadeWeserPort, hat noch Potenzial“, sagte Banik. Dafür müsse es nicht direkt um einen Ausbau gehen. Allein durch Automatisierung lasse sich der Containerumschlag auf dem bestehenden Hafengelände auf 3,8 Mio. bis 4,2 Mio. Standardcontainer erhöhen.
Um immer größer werdende Containerschiffe abfertigen zu können, investierte zuletzt der Terminalbetreiber Eurogate in seine Infrastruktur: Containerbrücken wurden erhöht und an mehr Automatisierung wird gearbeitet. Daher: „Der Bedarf, jetzt sofort einen neuen Containerhafen zu bauen, wäre aus heutiger Sicht nicht notwendig“, sagte NPorts-Chef Banik.
Die Ausbau-Option
Dennoch gibt es Überlegungen, den JadeWeserPort zu erweitern - allerdings nicht für Container. In der Planung ist ein Mehrzweck-Umschlagbereich, der nördlich des bestehenden Containerterminals entstehen könnte. Dazu hat die Mosolf Gruppe, die als Technik- und Logistikdienstleister in Wilhelmshaven Fahrzeuge umschlägt, eine Machbarkeitsstudie erarbeiten lassen.
Tatsächlich entwickelte sich der Fahrzeug-Umschlag zuletzt zu einem kleinen Wachstumstreiber des Hafens - auch wenn die Menge an Autos mit denen in anderen Häfen wie Bremerhaven oder Emden noch längst nicht mithalten kann. 2024 wurde der Automobilumschlag in Wilhelmshaven im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 74.000 Fahrzeuge verdoppelt. Der Autoumschlag sei „ein großes Geschäft für uns in der Zukunft, so erwarten wir es zumindest“, sagte Banik.
Aus dem Wirtschaftsministerium in Hannover hieß es zuletzt, ein solches neues Mehrzweckterminal sollte neben dem wachsenden Automobilumschlag auch für die An- und Ablieferung von Bauteilen für die Offshore-Windkraftanlagen dienen. Denn dafür mangelt es bislang an entsprechenden Schwerlastflächen.
Die Schulden
Neben den Zukunftschancen klafft beim JadeWeserPorts eine millionenschwere Finanzlücke, wie kürzlich bekannt wurde. Konkret geht es um ein Darlehen von 125 Millionen Euro für den Bau des Hafens, das die JadeWeserPort Realisierungsgesellschaft 2026 an die Europäische Investitionsbank zurückzahlen muss, aber aus eigenen Mittel nicht aufbringen kann. Nun sollen die Länder Niedersachsen und Bremen, die für das Darlehen gebürgt haben, einspringen. Niedersachsen habe das Geld eingeplant, sagte Banik, der auch Geschäftsführer der Realisierungsgesellschaft ist. „Bremen organisiert das jetzt.“ Eine Gefahr, dass der Hafen insolvent werde, bestehe nicht.