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Was wird aus Cannabisgesetz? Hälfte der Erwachsenen in Deutschland für legales Kiffen

Unionspolitiker sehen im Cannabisgesetz der gescheiterten Ampel einen Irrweg, auf dem sie nicht weitergehen wollen. Aber wie beurteilen das die Menschen im Land? Vor allem eine Frage drängt sich auf.

Von Thomas Strünkelnberg, dpa 09.03.2025, 06:00
Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH ergibt: Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland ist gegen die Rücknahme der Teillegalisierung von Cannabis. (Symbolbild)
Eine Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH ergibt: Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland ist gegen die Rücknahme der Teillegalisierung von Cannabis. (Symbolbild) Hannes P Albert/dpa

Hannover - Legal kiffen oder besser nicht? Die Mehrheit der Erwachsenen in Deutschland spricht sich einer neuen Umfrage zufolge dagegen aus, die Teillegalisierung von Cannabis zurückzunehmen. Zuvor hatten sich Unionspolitiker für eine Reform oder eine Rückabwicklung des Cannabisgesetzes starkgemacht.

55 Prozent gegen Abschaffung des Gesetzes

Mehr als die Hälfte der Befragten, immerhin 55 Prozent, hält die Teillegalisierung von Cannabis für richtig und ist gegen eine Rücknahme des Gesetzes. Das ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH Kaufmännische Krankenkasse, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Für die Abschaffung des Cannabisgesetzes votierten 36 Prozent der Befragten.

Für die repräsentative Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa vom 12. bis 18. Februar 2025 online bundesweit 1.012 Menschen im Alter zwischen 18 und 70 Jahren. Seit April 2024 ist in Deutschland der nicht medizinische Cannabiskonsum für Volljährige mit zahlreichen Beschränkungen legal. Erlaubt ist der Anbau von bis zu drei Pflanzen in Privatwohnungen, aufbewahren darf man bis zu 50 Gramm Cannabis. Nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen mit Lizenz dürfen gemeinschaftlich Cannabis für den eigenen Konsum anbauen. 

Union beurteilt Gesetz skeptisch

Allerdings geht das Cannabisgesetz Unionspolitikern gegen den Strich: Das Gesetz der Ampel-Koalition sei ein gefährlicher Irrweg und müsse rückgängig gemacht werden, betonte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Tino Sorge, Anfang März. Studienergebnisse aus Kanada zeigten einen besorgniserregenden Anstieg von Psychosen nach der dort erfolgten Legalisierung von Cannabis. Der CDU-Rechtspolitiker Günter Krings sagte: „Als Union werden wir alles daransetzen, die negativen Auswirkungen der Cannabislegalisierung zu stoppen, Drogenkriminalität zu bekämpfen und den Jugendschutz zu stärken.“

Nicht überraschend wohl, dass der Umfrage zufolge vor allem die Jüngeren gegen die Abschaffung des Cannabisgesetzes sind - drei Viertel der 18- bis 34-Jährigen sprachen sich demnach dagegen aus. Für die Abschaffung waren in dieser Altersgruppe nur 19 Prozent.

43 Prozent sehen in Cannabis harmlose Droge

Trotzdem stimmt der Umfrage zufolge die große Mehrheit der Befragten (73 Prozent) der Aussage zu, dass der Konsum von Drogen wie Cannabis der Gesundheit schadet. Knapp jede und jeder Zweite (49 Prozent) sieht demnach in Cannabis eine Einstiegsdroge, die dazu führen könnte, auch andere Rauschgifte auszuprobieren. 39 Prozent gehen davon aus, dass die Teil-Legalisierung übermäßigen Konsum verursachen könne. Die Hoffnung, dass die Legalisierung dabei hilft, den Schwarzmarkt und den Konsum von verunreinigtem Cannabis einzudämmen, teilen 60 Prozent der Befragten. 

Die Krankenkasse, die nach eigenen Angaben mit gut 1,5 Millionen Versicherten zu den größten bundesweiten Krankenkassen zählt, teilte mit, 43 Prozent der Befragten hielten Cannabis für eine harmlose Droge, die bei vielen gesundheitlichen Beschwerden helfe. Und unter den 18- bis 34-Jährigen seien es sogar 53 Prozent - mehr als die Hälfte.

Medizinerin: „Vorsicht geboten“

Doch tatsächlich haben Studien schon mehrfach gezeigt, dass Cannabis vor allem den nicht ausgereiften Gehirnen Jugendlicher schadet. Demnach könnte der Zusammenhang zwischen jugendlichem Cannabiskonsum und psychotischen Störungen stärker sein als bisher angenommen. Valide Daten zur Zahl junger Menschen, bei denen Neurosen durch Cannabiskonsum diagnostiziert wurden, lagen nach Angaben der Krankenkasse jedoch zunächst nicht vor. 

Aber: „Die Evidenz legt nahe, dass Cannabis in der Adoleszenz nicht nur vorübergehende, sondern potenziell auch langfristige Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung haben kann – von kognitiven Einschränkungen bis hin zu einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen wie Angststörungen, depressive Episoden sowie Sinnestäuschungen und Wahrnehmungsstörungen“, warnte Aileen Könitz, Ärztin und Expertin für psychiatrische Fragen. „Gerade in einer Phase, in der sich das Gehirn noch in der Entwicklung befindet, ist Vorsicht geboten.“ Sie rief dazu auf, Prävention und Aufklärung in Schulen und unter den Eltern zu fördern. 

Krankenkasse fordert: Prävention fördern

Die Krankenkasse forderte die Politik denn auch dazu auf, sich mehr um Präventionsprojekte zu bemühen. „Unabhängig davon, ob die Legalisierung für Erwachsene in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgehoben wird oder nicht, sollte es unser gemeinsames Ziel in der Gesellschaft bleiben, frühzeitig junge Menschen über die Risiken und Gefahren des Cannabiskonsums aufzuklären“, mahnte Justin Onyechi vom Präventionsteam der KKH. Junge Menschen müssten darin bestärkt werden, Nein zu sagen, wenn ihnen Cannabis an der Schulhofecke angeboten werde. 

Unabhängig davon ergab die Umfrage, dass 59 Prozent der Befragten meinen, jeder solle selbst darüber entscheiden, ob er Drogen nehme oder nicht - unter den Jüngeren im Alter zwischen 18 und 34 stimmten dem sogar 69 Prozent zu. Letztlich muss sich wohl jede und jeder die - um den Slang-Begriff für Cannabis leicht abgewandelte - Gretchenfrage stellen: Wie hast du's mit dem Bubatz?