1. Startseite
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Aggressive Schüler: „Jagd“ auf Siebtklässler - Polizeieinsatz an Schule

Aggressive Schüler „Jagd“ auf Siebtklässler - Polizeieinsatz an Schule

In einem Brandbrief hatten Lehrer einer Schule in Berlin-Friedenau im Herbst auf gewaltbereite Schüler aufmerksam gemacht. Nun versammelten sich aggressive Schüler vor dem Eingang.

Von Andreas Rabenstein und Antje Kayser, dpa Aktualisiert: 16.01.2025, 16:23
Der Einsatz der Polizei am Donnerstag sei präventiv, damit sich Ähnliches nicht wiederhole, sagte der Polizeisprecher.
Der Einsatz der Polizei am Donnerstag sei präventiv, damit sich Ähnliches nicht wiederhole, sagte der Polizeisprecher. Fabian Sommer/dpa

Berlin - Erneut steht eine Berliner Schule wegen gewaltbereiter Schüler im Umfeld in den Schlagzeilen. Nach einer „Jagd“ auf einen Schüler der Friedrich-Bergius-Schule im Südwesten der Hauptstadt offenbar von Jugendlichen anderer Schulen musste die Polizei am Mittwoch zu einem größeren Einsatz anrücken. Außerhalb des Schulgeländes sei ein Siebtklässler „gejagt“ worden, bestätigte die Schulleitung der dpa. Zuvor hatte der „Tagesspiegel“ berichtet und aus einem schulinternen Schreiben zu den Vorfällen zitiert. 

Ein mutmaßlicher Täter im Alter von 15 Jahren wurde nach Angaben der Polizei festgestellt. Die Schulleitung der Bergius-Schule sprach von einem Drohbrief auf Arabisch, der eingegangen sei. Am Donnerstagmorgen stand die Polizei vorbeugend vor der Schule. Es gehe um den „Schutz der Schüler“, sagte eine Vertreterin der Schulleitung. 

Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) sagte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus, sie habe mit der Schule telefoniert und erneut einen Wachschutz angeboten. „Auch das ist mir vorhin am Telefon wieder abgelehnt worden.“ 

Hilferuf der Lehrer im November

Die Bergius-Schule - eine Integrierte Sekundarschule, die in Berlin das Nachfolgemodell von Realschule und Hauptschule ist - war im November 2024 in die Schlagzeilen geraten, weil das Kollegium in einem Brandbrief von Problemen mit aggressiven, gewaltbereiten und bildungsfernen Schülern berichtet hatte, die zum Teil kein Deutsch sprächen und zuvor noch nie eine Schule besucht hätten. Es gebe eine „bedrohliche Gewaltbereitschaft und verbale Übergriffe“ vor allem der männlichen Schüler. 

Zu dem aktuellen Vorfall hieß es von der Polizei, am Dienstag habe es zunächst verbale Streitigkeiten zwischen einer Schülerin und einem Schüler und dann zwischen verschiedenen Schülergruppen gegeben. Am Mittwoch versammelten sich dann schulfremde Personen, offenbar Schüler einer anderen Schule, vor der Bergius-Schule, „um die Sache zu klären“, so ein Polizeisprecher.

Lage eskaliert - 80 bis 120 Schüler auf der Straße

Alarmierte Polizisten schickten die anfangs nur zehn Schüler weg. Nach Schulschluss kam es aber erneut zu einer „Zusammenrottung“, etwa 80 bis 120 Schüler beider Gruppen sowie Schaulustige versammelten sich. Dabei eskalierte die Lage und es kam zu Auseinandersetzungen. 

Nach Informationen des Elternsprechers der Bergius-Schule, Andreas Thewalt, hatten die fremden Schüler zunächst einen Neuntklässler, der sich mit der Schülerin gestritten hatte, und dessen Freunde im Visier. In Gebüschen sollen die Angreifer Schlagstöcke und Baseballschläger deponiert haben. 

Siebtklässler flüchtet in Lagerraum von Supermarkt

Die Polizei ging inzwischen auf der Straße mit Verstärkung von 20 bis 25 Beamten dazwischen, bis sich die Lage zunächst beruhigte. Ein Schüler wurde zur Sicherheit von der Polizei seiner Mutter übergeben. In einem Gebüsch wurde später ein Schlagring gefunden. 

Weil das eigentliche Opfer nicht mehr greifbar gewesen sein, soll ein Siebtklässler geschlagen und getreten worden sein, so die Polizei. Er flüchtete in einen Supermarkt, wohin ihm die Angreifer folgten und nach Berichten aus der Schule riefen: „Wir stechen dich ab.“ Der Junge rettete sich laut Thewalt in einen Lagerraum, während Supermarkt-Angestellte die Polizei dorthin riefen. Von dem verdächtigen 15-Jährigen wurden die Personalien aufgenommen. Ermittelt wird wegen gefährlicher Körperverletzung. 

Polizei bewacht Schule

Am Donnerstag stand die Polizei dann präventiv vor der Schule, damit sich ähnliches nicht wiederhole, sagte ein Polizeisprecher. „Wir hatten das Gefühl, die Geschichte ist noch nicht beendet“, sagte auch die Vertreterin der Schulleitung. 

Der „Tagesspiegel“ zitierte aus einem Schreiben der Schulleitung, wonach die Eingänge der Schule aktuell schärfer als sonst bewacht und die Pausenaufsichten akribisch geführt werden sollen. Die Lehrer würden zudem gebeten, „verdächtige schulfremde Personen“ zu melden.

Elternsprecher: Seit Brandbrief hat sich wenig getan 

Elternvertreter Thewalt betonte: „In diesem Fall ging die Aggression nicht von unseren Schülern aus. Aber das zeigt eben, dass viele Schulen ähnliche Probleme mit ihren Schülern haben.“ Letztlich würden manche Eltern sich nicht um ihre Kinder kümmern und die Schulen und Lehrer müssten es ausbaden. 

Zudem kritisierte Thewalt, seit dem Hilferuf des Kollegiums mit dem Brandbrief, habe sich leider nicht viel getan. „Eigentlich ist nicht viel Nennenswertes passiert.“ Es habe für die Lehrer Coaching und Supervision gegeben, „aber das löst unsere Probleme nicht“. Konkrete Bitten etwa um einen Pförtner am Schuleingang seien nicht erfüllt worden. Auch von der Schulsenatorin habe man nichts mehr gehört. 

Senatorin:  Schule lehnt Wachschutz ab

Bildungssenatorin Günther-Wünsch erklärte, den Wachschutz habe sie erstmals im November und nun erneut angeboten. „Wir hätten das auch aus Verwaltungsmitteln organisiert. Das ist ganz konkret abgelehnt worden von der Schulleitung.“ Zur Polizei vor der Schule sagte sie: „Sie können aber mit Sicherheit nachvollziehen, dass das keine Dauerlösung ist, dass wir dort Polizistinnen und Polizisten hinschicken.“ 

Man werde eine „Steuerungsgruppe“ an der Schule installieren, die alle Beteiligten unterstützen solle, sagte die Senatorin. Ein Angebot für Supervision und für schulpsychologische Beratungstermine habe es bereits gegeben, es sei aber bisher nicht in Anspruch genommen worden. „Die kritisierte fehlende Verwaltungsleitung der Bergius-Schule ist seit November in der Einarbeitung.“ Sie stehe ab 1. Februar voll zur Verfügung.