Bundestagswahl Knappes Ergebnis - Faber wird FDP-Spitzenkandidat
Es sind keine einfachen Tage für die FDP. Bei einer Veranstaltung in Sachsen-Anhalt gibt es gleich mehrere Herausforderungen. Was ist passiert?
Burg - Effiziente Strukturen und Digitalisierung werden bei der FDP großgeschrieben. Für diese Themen werben die Liberalen gerne, doch auch eigene Parteitage sind meist professionell organisiert und vergleichsweise zügig vorbei. Das Bild, das die Freien Demokraten in Sachsen-Anhalt nun bei der Aufstellung ihrer Landesliste abgaben, war jedoch ganz anders: eine lange Schlange der Delegierten beim Einlass trotz digitaler Anmeldung im Vorfeld, Verzögerungen vor dem Wahlgang, eine überraschende Kampfkandidatur um Listenplatz eins - die Veranstaltung steht nahezu symptomatisch dafür, dass die Tage für die Liberalen aktuell nicht einfach sind.
Die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl konnte Marcus Faber im zweiten Wahlgang für sich entscheiden. Der 40-Jährige setzte sich auf der Landesvertreterversammlung in Burg (Landkreis Jerichower Land) knapp gegen den Unternehmer Jan Czekanowski durch. Faber erhielt 57 Stimmen, auf Czekanowski entfielen 53 Stimmen. Im ersten Wahlgang hatte es keine Entscheidung gegeben, Czekanowski hatte da noch knapp vorn gelegen.
Faber sagte der Deutschen Presse-Agentur nach der Wahl, Kandidaturen um Listenplätze gehörten zur innerparteilichen Demokratie. Der ein oder andere habe mit der Abstimmung vermutlich seinen Frust ausdrücken wollen, so Faber mit Blick auf das knappe Ergebnis. „Das gehört dazu.“
Gegenkandidat punktet mit Rede
Czekanowski hatte sich kurzfristig zur Kandidatur um Listenplatz eins entschlossen und punktete bei den Delegierten mit einer pointierten und zum Teil auch selbstironischen Rede. Bei seiner Vorstellung sagte der weitgehend unbekannte Kandidat mit Blick auf seinen Namen, Czekanowski klinge „so ein bisschen nach polnischem Schutzgelderpresser, passt zum aktuellen Image der Partei“.
Czekanowski ist Unternehmer in Eisleben (Landkreis Mansfeld-Südharz). Der 50-Jährige führt nach eigenen Angaben drei Firmen mit 160 Mitarbeitern und ist als Stadtrat aktiv. Die Wirtschaftspolitik bewege die Menschen aktuell am meisten, sagte Czekanowski. Die soziale Hängematte sei in Deutschland viel zu weich. Er wolle seine Perspektiven als Unternehmer in der Politik einbringen.
Faber ist bereits seit 2017 Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Verteidigungsausschusses. In seiner Rede bekannte er sich zur Schuldenbremse und forderte, dass öffentliche Gelder zielgerichtet etwa für Bildung und Infrastruktur ausgegeben werden müssten. Zudem sei es richtig, in die Bundeswehr zu investieren. „Wir werden so lange in eine abschreckungsfähige Bundeswehr investieren, solange der Diktator im Kreml den Willen und die Fähigkeit hat, seine Nachbarn zu überfallen“, so Faber mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.
Erhebliche Verzögerungen vor Wahlgang
Nachdem die Delegierten bereits beim Einlass minutenlang zur Anmeldung angestanden hatten, war es vor dem Wahlgang zwischen Faber und Czekanowski zu weiteren Verzögerungen gekommen. Die Zahl der Stimmzettel stimmte nicht mit der Zahl der Delegierten überein. Weil die Probleme zunächst nicht geklärt werden konnten, forderte FDP-Landeschefin Lydia Hüskens alle Delegierten auf, sich von den Plätzen zu erheben. Ihre Namen wurden einzeln von der Bühne aus verlesen, um das Prozedere zu überprüfen. Nach mehreren Pausen wurden die Unstimmigkeiten letztlich geklärt.
Die FDP befindet sich derzeit in einer schwierigen Gesamtsituation. Zuletzt war Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenzen aus dem Bekanntwerden eines umstrittenen Strategiepapiers der Liberalen zum Ampel-Ausstieg im Bund. In dem Papier wird der mögliche Ausstieg der FDP aus der Koalition mit militärischen Begriffen wie „D-Day“ und „offener Feldschlacht“ beschrieben. Auch Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann war zurückgetreten.
Landeschefin Hüskens befürwortet Ampel-Aus
Hüskens ging auf der Vertreterversammlung in Burg kurz auf das Papier ein. Sie wäre enttäuscht von einer Bundesgeschäftsstelle gewesen, wenn sich diese nicht auf ein solches Szenario vorbereitet hätte, sagte die FDP-Landeschefin.
Das Ende der Ampel auf Bundesebene sei richtig, die Koalitionspartner seien nicht bereit gewesen, die fundamentale Lage der Wirtschaft zu erkennen und entsprechend zu handeln, so Hüskens mit Blick auf SPD und Grüne. Statt Entlastungen gebe es Belastungen. „So darf das nicht bleiben.“ Es müsse darum gehen, Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen.