Landtagsvizepräsidentenwahl KZ-Überlebende gegen Landtagsamt für umstrittenen AfD-Mann
Keine Teilnahme von KZ-Überlebenden bei Gedenken mehr? Das stellen Holocaust-Überlebende in Aussicht, sollte Jörg Prophet Vize-Präsident im Landtag werden. Auch das Timing der Wahl stößt auf.
Erfurt/Weimar - Sie fürchten schwere Schäden an der Erinnerungskultur und um ihre Teilnahme bei Gedenkveranstaltungen: KZ-Überlebende und ihre Angehörigen appellieren an Abgeordnete, den umstrittenen AfD-Mann Jörg Prophet nicht zum Vizepräsidenten des Thüringer Landtags zu wählen.
„Sollte dem Landtag ein einschlägig als Geschichtsrevisionist bekannter Politiker als Vizepräsident vorstehen, wäre das ein schwerer Schlag gegen unsere enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Mehr noch: Es wäre ein schwerer Schlag gegen die aufgeklärte, kritische Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen und gegen die Würdigung der Opfer des Nationalsozialismus“, schreibt der Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos (IKBD), Naftali Fürst, in dem von der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora verbreiteten Aufruf.
Mit Prophet als Vize keine Teilnahmen an Gedenkveranstaltungen
Darin erklärt Fürst weiter: „Unter einem Vizepräsidenten Prophet wäre uns eine Teilnahme an Gedenkveranstaltungen im Thüringer Landtag nicht vorstellbar.“ Auch der bislang angedachte Zeitpunkt für die Wahl des Vizepräsidenten empört Naftali: Prophet könnte demnach möglicherweise im Anschluss an die Gedenkstunde des Landtags und der Landesregierung zum internationalen Holocaust-Gedenktag gewählt werden.
Die Wahl des Landtagsvizepräsidenten ist bislang für Donnerstag vorgesehen. SPD und Linke erklärten bereits, keinen AfD-Abgeordneten in das Amt wählen zu wollen. CDU und BSW signalisierten mit Blick auf die Besetzung anderer wichtiger Landtagsgremien, dass sie sich die Wahl eines AfD-Vizes grundsätzlich vorstellen könnten.
Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, hatte Prophet in der Vergangenheit Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Auch im Thüringer Verfassungsschutzbericht 2021 wurde ein Text von Prophet als Beispiel für die „geschichtsrevisionistische Agenda“ der AfD angeführt.