Urteil Lebenslang für Haupttäter nach Auftragsmord in Schöten
Ein Jahr lang dauerte der Prozess gegen vier Männer wegen eines lange zurückliegenden Mordes. Den entscheiden Ausschlag für den Richterspruch gab eine „bühnenreife Inszenierung“ verdeckter Ermittler.
Erfurt - Am Ende des Mordprozesses vor dem Erfurter Landgericht hat der Vorsitzende Richter deutliche Worte gefunden: „Es war eine brutale, kaltblütige Hinrichtung einer jungen Frau.“ Fast 21 Jahre nach dem Auftragsmord an einer 35-Jährigen in Schöten (Weimarer Land) verurteilten die Richter den früheren Ehemann und den angeklagten Todesschützen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Sie sahen es als erwiesen an, dass der heute 62-Jährige den Mord an seiner von ihm damals getrennt lebenden Frau in Auftrag gegeben und der 47 Jahre alte Mitangeklagte diesen ausgeführt hatte.
30.000 Euro für Mord an Frau
Die 35-Jährige war am 16. Januar 2004 auf dem Weg zur Arbeit in ihrem Auto mit sieben Schüssen aus einer Pistole getötet worden. Einer davon traf sie in den Kopf. Der Bruder des verurteilten Schützen, der bei der Tat möglicherweise als Fahrer fungierte, wurde freigesprochen. Die Beweisaufnahme habe keine gesicherten Erkenntnisse darüber gebracht, ob er bei der Tat dabei war, begründete der Vorsitzende Richter Markus von Hagen.
Ein vierter Angeklagter, der bei der Tat von einem Querschläger am Fuß verletzt wurde, erhielt wegen Beihilfe zum Mord fünfeinhalb Jahre Haft. Der Ehemann, der finanzielle Folgen aus der Scheidung fürchtete, hatte laut von Hagen rund 30.000 Euro für den Tod der 35-Jährigen gezahlt.
Das Urteil dürfte weder Staatsanwaltschaft noch Verteidigung wirklich zufriedenstellen. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Ehemann und die angeklagten Brüder lebenslange Freiheitsstrafen gefordert. Zudem hatte die Anklagebehörde für den Schützen die besondere Schwere der Schuld beantragt, die das Gericht aber nicht verhängte.
Für den vierten Angeklagten hatte die Staatsanwaltschaft sieben Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung hatte für alle vier Männer auf Freispruch plädiert. Die Angeklagten hatten in dem seit einem Jahr dauerndem Prozess weitgehend zu den Vorwürfen geschwiegen.
Schütze brüstete sich mit Mord
An der Schuld des Ehemannes und des Schützen hegte das Gericht dennoch keine Zweifel. Der Ehemann habe ein Motiv und genaue Kenntnis der Lebensgewohnheiten der 35-Jährigen gehabt, hieß es in der fast zweistündigen Urteilsbegründung. Bereits vor der Tat habe er die Frau tätlich angegriffen, sie gewürgt und bedroht. Zur Ausführung des Mordes hat er von Hagen zufolge dem Schützen einen Steckbrief und etwa Fotos vom Wagen der Frau sowie eine Wegbeschreibung übergeben.
Sowohl er als auch der Schütze hätten heimtückisch und aus Habgier gehandelt, sagte der Vorsitzende Richter. Der 47-Jährige habe gegenüber mehreren Zeugen mit der Tat geprahlt und diese auch tatsächlich begangen. Ein weiteres Indiz dafür sei die bei der Durchsuchung einer Scheune bei ihm sichergestellte Munition, die identisch mit der beim Mord verwendeten gewesen sei, so von Hagen.
Verdeckte Ermittler entlockten Geständnis
Der Vorsitzende Richter sprach von einem besonderen Verfahren, das am Ende unter anderem 15 Umzugskartons mit Akten füllte. Der Fall war ein sogenannter Cold Case, den die nach der Tat gegründete Sonderkommission der Polizei zwei Jahre später als ungelöst niederlegte. Erst das Hören-Sagen eines Häftlings brachte die Ermittlungen vor einigen Jahren wieder ins Rollen. Daraufhin kamen verdeckte Ermittler zum Einsatz, wurden Telefonate überprüft und Peilsender verwendet.
Entscheidend war laut dem Vorsitzenden Richter das Geständnis, das der Ehemann gegenüber den verdeckten Ermittlern abgab. Diese hatten ihm in einer „bühnenreifen Inszenierung“ ein eskalierendes „Ehedrama“ vorgespielt, dass seine Situation spiegelte. Die Ermittler hätten ihn nicht zu einer Aussage gezwungen, sondern ihm vielmehr eine Bühne geliefert, auf der er agieren konnte, führte von Hagen weiter aus. Aus seiner Sicht war das eine zulässige kriminalistische List.