Bundestagswahl Lemke: Alltagssorgen der Bürger kommen im Wahlkampf zu kurz
Rund vier Wochen vor der Bundestagswahl warnt Umweltministerin Lemke davor, die alltäglichen Probleme der Menschen aus den Augen zu verlieren. Zur Union findet sie deutliche Worte.
Berlin - Nach Ansicht von Umweltministerin Steffi Lemke kommen in den öffentlichen Debatten vor der Bundestagswahl die Alltagssorgen der Menschen zu kurz. „Der Wahlkampf, der auf Berliner Ebene geführt wird, spiegelt aus meiner Sicht zu oft nicht das wider, was Menschen im Alltag wirklich beschäftigt“, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Es werde „zu wenig“ über Alltagssorgen wie hohe Mieten, Lebensmittelpreise oder Überlastung im Gesundheitswesen gesprochen, mahnte die Ministerin, die auch Spitzenkandidatin ihrer Partei in Sachsen-Anhalt ist. Manche politische Bewerber wollten stattdessen „lieber Debatten über die Atomenergie, das Gendern oder Robert Habecks Buch führen“, kritisierte sie. „Das ist bedauerlich.“
Warnung vor Populismus und Lügen
Auch in ihren Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, etwa in ihrer Heimatstadt Dessau, stelle sie immer wieder fest, dass dort „Themen, die von einigen Medien und Parteien groß gefahren werden, überhaupt keine Rolle spielen“. Sie sei zum Beispiel „noch nie von einem Bürger darauf angesprochen worden, dass Deutschland wieder in die Atomkraft einsteigen müsse“, erklärte sie.
Sorgenvoll sehe sie auch auf neuen US-Präsidenten Donald Trump und seine Verbündeten. „Dass einige wenige Milliardäre versuchen, staatliche und demokratische Institutionen zu übernehmen und gezielt zugunsten Rechtsextremer in Diskurse eingreifen, nehmen Menschen als Bedrohung ihres Wohlstands und ihrer Sicherheit wahr.“
Für den Wahlkampf ihrer Partei sei entscheidend, auch in schwierigen Zeiten „mit Sachargumenten“ zu bestehen. „Viele Menschen haben den Wunsch nach echten Lösungen und sachlichen Debatten. Diese Menschen können und müssen wir erreichen“, formulierte die Ministerin als Auftrag für ihre Partei, die am Sonntag auf einem eintägigen Parteitag ihr Programm zur vorgezogenen Bundestagswahl verabschieden will. „Populismus, Falschinformationen und Lügen“ dürften nicht zur Grundlage demokratischer Politik werden, warnte Lemke.
„Umarmen von Bäumen ist noch kein Naturschutz“
Deutliche Kritik übte die Ministerin an der Union, die aus ihrer Sicht die falschen Schwerpunkte setze. CDU und CSU debattierten lieber über Atomkraft, statt etwa dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Priorität einzuräumen, beklagte sie. „Meine Erwartungen an die Union in Sachen Umwelt- und Naturschutz halten sich in Grenzen.“ Hier fehlten ihr die politischen Ansprechpartner. „Es wäre großartig, wenn die CDU dieses Thema wieder ernster nehmen würde, als ich das im Moment wahrnehme. Das Umarmen von Bäumen ist jedenfalls noch kein Naturschutz.“
Zur Frage einer möglichen schwarz-grünen Koalition nach der Bundestagswahl äußerte sie sich zurückhaltend. Sie betonte lediglich, dass demokratische Parteien „grundsätzlich miteinander koalitionsfähig“ sein müssten. Sie könne nur „dringend davor warnen, sich im Wahlkampf so komplett einzumauern, dass man hinterher die Tür nicht mehr findet“, sagte Lemke.