Beschluss des Europarats Lob und Kritik für schärferes Vorgehen gegen Wolf
Der Wolf ist wieder heimisch geworden in Niedersachsen - aber sein Bestand darf nicht reguliert werden. Künftig sollen zumindest die Hürden für das Abschießen von Problemtieren niedriger sein.
Hannover - Die Absenkung des Schutzstatus des Wolfes stößt in Niedersachsen auf die Zustimmung von Politik und Landwirtschaft, jedoch auch auf Kritik bei Naturschützern. Der entsprechende Beschluss des Europarats mache den Weg für ein regional differenziertes Bestandsmanagement frei, sagte Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne).
Nun müsse die Politik die notwendigen rechtlichen Schritte ergreifen und das Bundesnaturschutzgesetz ändern, damit etwa problematische Einzeltiere leichter gejagt werden können, forderten der Sprecher des Aktionsbündnisses Aktives Wolfsmanagement, Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers, sowie die Präsidentin des Zentralverbands der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Niedersachsen, Astrid Garben-Mogwitz.
Schafhalter fordern schnelle Umsetzung
Wendelin Schmücker vom Förderverein der Deutschen Schafhaltung sprach von einem dringend notwendigen Schritt. Die Schäden durch Wolfsübergriffe seien im vergangenen Jahr um fast 30 Prozent gestiegen, erklärte er: „Unsere Schäfer stehen am Rande ihrer Belastbarkeit.“ Nun müsse schnell die entsprechende Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) auf europäischer Ebene geändert werden, die von Deutschland vollständig in nationales Recht integriert werden müsse.
Der zuständige Ausschuss des Europarats stimmte einem Antrag der EU-Staaten zu, den Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzustufen. Damit gelten zum Schutz des Wolfes zwar immer noch strenge Regeln, eine Jagd auf problematische Wölfe wäre aber unter bestimmten Umständen einfacher möglich. Eine entsprechende Herabstufung des Schutzstatus war im September von den EU-Staaten beantragt worden.
Wolf in Niedersachsen nicht mehr vom Aussterben bedroht
Angesichts von derzeit 54 Rudeln, drei Wolfspaaren und vier Einzelwölfen sowie einer großen räumlichen Ausbreitung sei der Wolf in Niedersachsen nicht mehr vom Aussterben bedroht, erklärte Meyer. Jetzt müsse die FFH-Richtlinie geändert werden. Dann gebe es mehr Möglichkeiten, ein weitgehend konfliktarmes Nebeneinander von Weidetierhaltung und dem Wolf in Regionen mit vermehrten Nutztierrissen zu ermöglichen.
Naturschützer sprechen von „Scheinlösung“
Der Naturschutzbund Niedersachsen (Nabu) kritisierte die Entscheidung als nicht wissenschaftlich basiert und rein politisch motiviert. Vor zwei Jahren sei der Antrag der Schweiz auf Abstufung des Wolfes abgelehnt worden. Die wissenschaftliche Einschätzung zum Wolfsbestand habe sich seitdem aber nicht geändert.
Nabu-Experte Frederik Eggers bezeichnete die Entscheidung als „Scheinlösung“, die die Probleme der Weidetierhaltung nicht lösen werde. Notwendig seien vielmehr flächendeckende, standortangepasste Herdenschutzmaßnahmen sowie wirtschaftliche Perspektiven für die Weidetierhaltung. „Darüber hinaus braucht es vor allem funktionierende Regelungen, wann und in welchem Rahmen ein Wolf mit auffälligem Verhalten getötet werden kann.“
Bejagung kein Mittel gegen Risse von Nutztieren
Kritik kam auch vom Bund für Umwelt- und Narturschutz (BUND) in Niedersachsen. „Eine Einführung von Jagdzeiten lehnen wir als BUND kategorisch ab ebenso Konzepte wie wolfsfreie Zonen, feste Populationsobergrenzen oder willkürliche Abschussquoten“, teilte die Organisation mit. Studien zeigten deutlich, dass die generelle Bejagung von Wölfen, ohne sie großflächig auszurotten, kein geeignetes Mittel sei, um Nutztierschäden in Deutschland zu verringern.
Mehr als 20.000 Wölfe in Europa
Nach Angaben der Artenschutzorganisation WWF wurde der Wolf in Westeuropa und damit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Er überlebte demnach nur im Osten und Süden Europas. Seit einigen Jahren erholen sich die Bestände allerdings. Nach Angaben der EU stieg die Zahl der Wölfe in Europa von 11.193 im Jahr 2012 auf 20.300 im Jahr 2023.