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Rechtsbeugung Muss Masken-Fall neu verhandelt werden? - Urteil im November

Heiligt der Zweck die Mittel? Vor dem BGH gehen die Meinungen zum Fall eines wegen Rechtsbeugung verurteilten Richters auseinander. Aber ganz uneinig sind sich Verteidigung und Anklage nicht.

Von dpa 28.08.2024, 16:11
Der Bundesgerichtshof verhandelt zu einem Urteil wegen Rechtsbeugung gegen einen Amtsrichter. (Archivfoto)
Der Bundesgerichtshof verhandelt zu einem Urteil wegen Rechtsbeugung gegen einen Amtsrichter. (Archivfoto) Martin Schutt/dpa

Karlsruhe - War es schlicht Willkür oder wegen drohender Gefährdung des Kindeswohls dringend geboten? Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe muss klären, ob ein Richter sich bei einem Verbot der Maskenpflicht an zwei Weimarer Schulen der Rechtsbeugung schuldig gemacht hat. 

Das Verbot war zwar von anderen Instanzen kassiert worden. Der Mann war später aber vor dem Landgericht Erfurt wegen Rechtsbeugung belangt und zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden. Dagegen waren er und auch die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen. 

„Was Recht ist, muss Recht bleiben“, sagte der Wahlverteidiger des Richters, Gerhard Strate, vor Verhandlungsbeginn. „Ich bin guter Dinge.“ Der BGH will seine Entscheidung am 20. November verkünden.

Das Landgericht Erfurt hatte es für erwiesen gehalten, dass der Angeklagte sein damaliges Maskenurteil voreingenommen gefällt hatte und parteiisch und nicht neutral gewesen war. Er habe das Masken-Verfahren gezielt initiiert und Wochen vor seiner Entscheidung aktiv daran gearbeitet, eine Familie zu finden, für deren Kinder er ein Kinderschutzverfahren führen konnte.

Coronamaßnahmen standen nicht auf dem Prüfstand

Vor dem BGH rügte die Verteidigung, dass das Landgericht Gutachten, die die fatalen Auswirkungen der Maskenpflicht auf Psyche und Physis der Kinder belegt hätten, mit keinem Wort gewürdigt habe. Heute wisse man, dass der Amtsrichter recht gehabt habe, sagte sein Wahlverteidiger Gerhard Strate.

Aus Sicht der Verteidigung sei der Tatbestand der Rechtsbeugung nicht erfüllt. In Angelegenheiten der Personensorge dürften Familiengerichte nicht zur Unterlassung kinderschützender Maßnahmen angehalten werden. Das Urteil müsse aufgehoben und zurückverwiesen werden.

Der zuständige 2. Senat wies wiederholt darauf hin, dass es in dem Verfahren nicht um Sinn oder Unsinn der Coronamaßnahmen gegangen sei und gehe. Sondern darum, ob der Amtsrichter mit bereits vorgefasster Meinung geurteilt und das Verfahren rechtswidrig an sich gezogen habe. „Wir prüfen hier Verfahrensfehler“, betonte die Vorsitzende Richterin Eva Menges. Auch wenn die Absicht noch so gut sei - „rechtfertigt der Zweck die Mittel?“, fragte einer der BGH-Richter.

Im Zentrum stehe, „wie weit geht die Macht eines Richters und wo endet sie“, führte auch der Anklagevertreter am BGH aus. Dazu seien vielfach bereits Leitlinien aufgestellt worden. Allerdings bemängelte auch er Rechtsfehler im Verfahren des Landgerichts und beantragte die Aufhebung des Urteils. 

Enormes Interesse von Besuchern und Zwischenrufe

Zur Verhandlung in Karlsruhe hatte es großes Interesse von Besuchern gegeben. Sie waren aus Thüringen und anderen Bundesländern angereist, um den angeklagten Richter zu unterstützen. Wegen gründlicher Einlasskontrollen verzögerte sich der Beginn der Verhandlung um weit mehr als eine Stunde. Auch eine kleine Versammlung mit Plakaten von Kritikern der Coronamaßnahmen formierte sich vor dem Tor.

Nach Zwischenrufen aus dem Publikum, das wiederholt mit spöttischen Ausrufen oder Beifall reagierte, rief Menges die Personen zur Ordnung. Für den Richter gehe es um sehr viel, sagt sie. Außerdem gebühre der Respekt vor dem Gericht, dass die Besucher sich mit Kommentaren zurückhielten.

Maskenbeschluss hatte 2021 für großes Aufsehen gesorgt

Schon 2021 hatte der Maskenbeschluss des Richters hatte für großes Aufsehen gesorgt, ebenso später das Urteil gegen ihn wegen Rechtsbeugung. Der Mann sei der Einzige gewesen, der die Maskenpflicht zum Wohle der Kinder infrage gestellt habe, sagte Strate.

Das letzte Wort hatte der angeklagte Richter: Er habe niemandem einen unrechtmäßigen Vor- oder Nachteil verschafft, sagte er. „Ich habe das Beste gewollt und glaube auch, dass es das Beste gewesen wäre.“