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Gesellschaft Nach Corona: Viele Jugendliche sehen sich fremdbestimmt

Die Beschränkungen in der Corona-Pandemie haben in Brandenburg insbesondere Kinder und Jugendliche hart getroffen. Eine Jugendstudie belegt, dass junge Brandenburger inzwischen weniger Möglichkeiten sehen, ihr Leben selbst zu gestalten. Das hat Folgen.

Von dpa Aktualisiert: 18.09.2023, 14:07
Ein junger Mann spaziert mit einem Hund bei Sonnenaufgang über einen Feldweg.
Ein junger Mann spaziert mit einem Hund bei Sonnenaufgang über einen Feldweg. Julian Stratenschulte/dpa/Symbolbild

Potsdam - Nach dem Ende der Corona-Pandemie ist die Lebenszufriedenheit und der Optimismus der Brandenburger Jugendlichen wieder hergestellt. Die Werte haben sich in der aktuellen Brandenburger Jugendstudie gegenüber der Erhebung im Jahr 2017 kaum verändert. Doch die Bereitschaft, sich aktiv politisch zu beteiligen, ist deutlich gesunken: Nur noch knapp 34 Prozent der Befragten sind dazu bereit, das waren 14 Prozentpunkte weniger als 2017, wie das Jugendministerium am Montag berichtete. Gleichzeitig fühlten sich 8,7 Prozent sehr fremdbestimmt, der höchste Wert seit 1996 (3,3 Prozent).

Forscher: Begeisterung für politische Betätigung wecken

„Dies verwundert nicht nach den Erfahrungen mit den Corona-Maßnahmen, die sehr tief in die Entscheidungsfreiheit der jungen Menschen eingriffen“, sagte Andreas Pöge von der Uni Potsdam, der Autor der repräsentativen Studie. Auch eine Jugendbewegung wie Fridays for Future habe in der Pandemie Unterstützer verloren. Dem müsse man entgegentreten und junge Menschen wieder für politische Teilhabe begeistern, sagte Pöge. „Denn je geringer die Bereitschaft zur politischen Teilhabe ist, desto höher ist bei diesen Personen der Anteil ausländerfeindlicher und rechtsextremer Ansichten.“

Mitwirkung in der Stadt oder Gemeinde

Die Kinder- und Jugendbeauftragte Katrin Krumrey wies darauf hin, dass zwar gut die Hälfte (53,8 Prozent) der jungen Brandenburger der Ansicht ist, sie hätten in ihrer Stadt oder Gemeinde genügend Möglichkeiten, sich zu beteiligen. Aber nur 35 Prozent glauben, dass ihre Interessen dann auch berücksichtigt werden. „Sie haben oft das Gefühl, sie würden zwar angehört, aber nicht gehört“, sagte Krumrey. Es müsse für die Jugendlichen erkennbarer werden, dass ihre Interessen bei den Entscheidungen eine Rolle spielten. „Ein Rede- und Antragsrecht in den kommunalen Ausschüssen würde hier sehr helfen.“

Wunsch nach materieller Sicherheit gewachsen

Während nach den Ergebnissen der Studie dem Ziel „Aktiv am politischen Leben teilnehmen“ die geringste Bedeutung zugemessen wird, ist das Bedürfnis nach materieller Sicherheit gestiegen. „Viel Geld verdienen“ und „Materiell abgesichert sein“ war für 87,1 Prozent beziehungsweise 94,1 Prozent ein Lebensziel, vor sechs Jahren lagen diese Werte bei 79,1 Prozent beziehungsweise 89,2 Prozent.

Angst vor Inflation und Energieknappheit

Dies könne damit zusammenhängen, dass angesichts von Krisen und Inflation die materielle Sicherheit gefährdeter erscheine, meinte Pöge. Dazu passt: Am bedrohlichsten erscheint den Jugendlichen die Inflation (62,7 Prozent), gefolgt von Energieknappheit (49, 2 Prozent) und dem Klimawandel (44,5 Prozent). Die Corona-Pandemie wird mit 9,6 Prozent am wenigsten bedrohlich wahrgenommen.

Mehr Jugendliche haben schon gestohlen

Start gestiegen ist gegenüber 2017 der Anteil der Jugendlichen, die zugeben, schon mal „etwas geklaut“ zu haben: 17,5 Prozent haben schon ein- oder zwei Mal etwas gestohlen, 6,0 Prozent auch schon öfter. Vor sechs Jahren waren dies erst 8,8 Prozent beziehungsweise 2,4 Prozent. Gut 21 Prozent gaben an, schon häufiger „schwarzgefahren“ zu sein, im Jahr 2017 waren dies 12,7 Prozent. Beides könne damit zusammenhängen, dass in vielen Familien das Geld knapper sei und das Taschengeld nicht reiche, meinte Krumrey. „Deswegen sollte der Schülerverkehr in Bussen und Bahnen grundsätzlich kostenfrei werden“, forderte sie.