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Bundestagswahl 2025

Nach der Bundestagswahl Parteien in Sachsen-Anhalt richten Blick auf Wahl 2026

Nach der Bundestagswahl ist vor der Landtagswahl im nächsten Jahr in Sachsen-Anhalt. Die AfD träumt von einer Alleinregierung. Wie bewerten die anderen Parteien die Ausgangslage?

Von Christopher Kissmann, dpa 24.02.2025, 13:43
Spitzenkandidat der AfD 2026 in Sachsen-Anhalt? In seiner Partei genießt Ulrich Siegmund hohe Wertschätzung.
Spitzenkandidat der AfD 2026 in Sachsen-Anhalt? In seiner Partei genießt Ulrich Siegmund hohe Wertschätzung. Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Magdeburg - Es sind keine 600 Tage mehr, bis in Sachsen-Anhalt die nächste große Wahl stattfindet. Nachdem die AfD bei der Bundestagswahl im Land mit Abstand stärkste Kraft geworden ist, will die Partei das bei der Landtagswahl 2026 bestätigen und ihr Ergebnis noch ausbauen. Ein Koalitionspartner ist aktuell nicht in Sicht, die CDU schließt eine Zusammenarbeit aus. Doch ein solches Bündnis suchen die Rechtspopulisten auch gar nicht. „Wir werden 2026 in Sachsen-Anhalt allein regieren. Das ist unser Ziel“, sagt Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund.

Mit 37,1 Prozent der Zweitstimmen im Land hat die AfD die CDU bei der Bundestagswahl um Längen geschlagen. Die Christdemokraten kommen auf 19,2 Prozent. Damit haben sich die Verhältnisse zur letzten Landtagswahl 2021 umgekehrt: Damals war die CDU bei 37,1 Prozent gewesen und die AfD bei 20,8 Prozent.

Für CDU ist AfD-Wahlergebnis „ein großer Schock“

Das AfD-Ergebnis bei der Bundestagswahl sei „ein großer Schock“, sagt CDU-Landeschef Sven Schulze. Dass es so stark ausgefallen sei, habe viele Gründe. Es sollte aber zu denken geben, dass Menschen bei großer Wahlbeteiligung ganz bewusst die AfD gewählt hätten. Ziel müsse es sein, den Menschen in Ostdeutschland das Gefühl zu geben, dass außerhalb der AfD Parteien in der Lage seien, sie richtig zu vertreten. Nötig sei aus Berlin ein stärkerer Fokus auf Ostdeutschland, inhaltlich und personell, so Schulze.

Siegmund sieht die CDU als Hauptkonkurrenten im nächsten Jahr und kritisiert sie scharf. „Wir sind gesichert Volkspartei. Und wir werden die Probleme im Land lösen. Von der CDU und dem Untergangskurs von Reiner Haseloff haben die Leute die Nase voll“, sagt er. In Sachsen-Anhalt wird die Partei vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Und sollte eine Alleinregierung 2026 nicht möglich sein? „Wir reichen allen die Hand, die es gut mit unserem Land meinen. Auf inhaltliche Kompromisse werden wir dabei aber nicht eingehen“, sagt Siegmund. Der 34-jährige Politiker aus der Altmark könnte Spitzenkandidat der AfD bei der Landtagswahl werden. 

Grüne und FDP wären im Landtag raus

Legt man das Bundestagswahlergebnis fiktiv für die Landtagswahl zugrunde, wären nach AfD und CDU nur die SPD (11,0 Prozent), die Linke (10,8) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) mit 11,2 Prozent im Landtag vertreten. Grüne (4,4) und FDP (3,1) wären raus. Möglicherweise müssten in einem solchen Fall CDU, SPD, Linke und BSW eine Viererkoalition bilden, um eine AfD-Regierung zu verhindern.

Für solche Gedankenspiele ist SPD-Landeschef Andreas Schmidt nicht zu haben. „Wir haben noch nicht den Herbst 2026“, sagt er. Die Gefechtslage werde dann eine andere sein. Und überhaupt - die Verhältnisse in Sachsen-Anhalt seien anders als in Berlin. „Die Koalition im Land streitet sich nicht, sie handelt und löst Probleme“, sagt Schmidt über das schwarz-rot-gelbe Bündnis. Aber dies müsse man so auch beibehalten. „Diese Koalition wird sich bis zum letzten Tag bewähren müssen.“

Ähnlich sieht das auch FDP-Landeschefin Lydia Hüskens. Die Ergebnisse der Bundestagswahl in Sachsen-Anhalt seien mit Blick auf 2026 keine Unterstützung, sagt sie. „Allerdings ist die Ausgangsposition mit der konstruktiv arbeitenden Deutschlandkoalition in unserem Land eine andere als sie es im Bund war. Mit den Freien Demokraten sind in unserem Land stabile Mehrheiten der Mitte möglich“, so Hüskens.

Grünen-Fraktionschefin Lüddemann kritisiert CDU

Grünen-Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann sieht das Ergebnis bei der Bundestagswahl als Weckruf. Es zeige klar, dass die Strategie der CDU, sich dem rechtsextremen Original anzunähern, nicht funktioniere. „Wir als Grüne müssen bei unseren Kernthemen bleiben: Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz und gesellschaftlicher Zusammenhalt.“

Das BSW teilte mit, man werde nun mit voller Kraft an der Gründung von Kreisverbänden arbeiten und sich auf die Landtagswahl 2026 vorbereiten. „Unser Ziel bleibt klar: den Menschen eine starke politische Alternative zu bieten“, sagt Co-Landeschef Thomas Schulze. 

Linke mit Ansage an die AfD

Während andere mit dem eigenen Ergebnis hadern, erlebt die Linke ungeahnte Hochgefühle. „Wir sind wieder da“, sagt Fraktionschefin Eva von Angern. Man werde den eingeschlagenen Kurs fortsetzen. „Wir müssen den Menschen zuhören, ihre Probleme ernst nehmen und nicht wegreden.“ Der deutliche Zuwachs an neuen Mitgliedern biete große Chancen.

Und von Angern richtet auch eine Kampfansage an die AfD. Sie will in den Bereichen Präsenz zeigen, wo die Konkurrenz von ganz rechts besonders stark ist. „Wir werden den ländlichen Raum auf keinen Fall verloren geben“, kündigt von Angern an.

Der Soziologe und Extremismusforscher Matthias Quent verweist darauf, dass die Mehrheit – auch der ostdeutschen Bevölkerung – die AfD nach wie vor ablehne. Aber, konstatiert der Professor der Hochschule Magdeburg-Stendal, die Partei habe sich weit über ein rechtsradikales Milieu hinaus etabliert. Quent warnt vor selbst erfüllenden Prophezeiungen, dass die AfD bei der Bundestagswahl 2029 stärkste Kraft in Deutschland werden könne. „Das ist ja im Grunde das AfD-Rezept, sie macht sich selbst größer als sie eigentlich ist.“