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Kriminalität Prozess um „Blutrache“: Mordurteil gegen zwei junge Männer

Ein 18-Jähriger wird in Berlin niedergeschossen, einer der Täter sticht auf ihn ein. Es war Rache für ein Verbrechen in der Türkei, das angeblich der Bruder des Opfers verübte. Nun fiel ein Urteil.

Von dpa 28.04.2025, 17:49
Ein Verbrechen in Istanbul führte zu einem Mord in Berlin - aus Rache. Gegen zwei junge Männer fiel rund ein Jahr später ein Urteil. (Foto Illustration)
Ein Verbrechen in Istanbul führte zu einem Mord in Berlin - aus Rache. Gegen zwei junge Männer fiel rund ein Jahr später ein Urteil. (Foto Illustration) Monika Skolimowska/dpa

Berlin - Rund ein Jahr nach der Tötung eines 18-Jährigen in Berlin-Spandau sind zwei junge Männer wegen gemeinschaftlichen Mordes und Raubes mit Todesfolge verurteilt worden. Eine lebenslange Freiheitsstrafe erging gegen einen 22-Jährigen. Ein 18-Jähriger erhielt eine Jugendstrafe von neun Jahren und drei Monaten. „Das Motiv war Blutrache“, sagte der Vorsitzende Richter Nikolai Zacharias. Beide seien „durch ihre jeweilige Familie auf die Spur gebracht worden“.

Aus Rache für eine mutmaßliche Gewalttat seines älteren Bruders in der Türkei hätten die beiden türkischen Cousins dem 18-Jährigen aufgelauert und den Landsmann am 6. Mai gegen 15.20 Uhr im Spandauer Ortsteil Falkenhagener Feld angegriffen, hieß es weiter im Urteil. Der 22-Jährige habe vier Schüsse abgefeuert – zweimal in den Rücken sowie in Brust und Leiste. Anschließend habe der 18-Jährige mit einem Messer mehrmals auf den bereits tödlich getroffenen jungen Mann eingestochen.

Opfer wollte sich in Berlin in Sicherheit bringen

Hintergrund der Tat ist laut Ermittlungen ein blutiger Konflikt in der Türkei. Dem Bruder des in Spandau Getöteten werde vorgeworfen, im Mai 2023 in Istanbul einen Cousin der Angeklagten umgebracht zu haben. Dem 18-jährigen Bruder sei bereits in der Türkei wegen seiner Verwandtschaft mit dem mutmaßlichen Täter mit „Blutrache“ gedroht worden, er sei aus der Türkei ausgereist, um sich in Berlin in Sicherheit zu bringen.

Heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen hätten die Angeklagten den 18-Jährigen getötet. Sie hätten den jungen Mann umgebracht, „weil er mit jemandem verwandt ist“, so der Richter. Berücksichtigt seien im Urteil Angaben der Angeklagten zur Tat sowie geäußertes Bedauern. 

Die Angeklagten hätten als „hochfunktionale Täter agiert“, sagte Staatsanwältin Katharina Ostendorf in ihrem Plädoyer. Der Angriff sei über Wochen hinweg geplant und „mit Übersicht ausgeführt worden“. Sie beantragte gegen den 22-Jährigen wegen gemeinschaftlichen Mordes eine lebenslange Freiheitsstrafe sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Im Fall des 18-Jährigen beantragte sie eine Jugendstrafe von neun Jahren und elf Monaten.

Verteidiger: Familiäres Umfeld übte Druck aus

Die Verteidiger beantragten Jugendstrafen von unter zehn Jahren im Fall des älteren Angeklagten und nicht mehr als sechs Jahren für den 18-Jährigen. Auf ihre Mandanten sei Druck ausgeübt worden. Das familiäre Umfeld habe sie dazu gebracht, den jungen Mann in Berlin zu töten. „Der Familienkontext, in dem er lebt, duldet keinen Widerspruch“, sagte einer der Verteidiger des 22-Jährigen. Für den 18-Jährigen sagten seine Verteidigerinnen, er sei der Jüngste in einer Kette von Menschen gewesen, die die Tötung wollten, er habe sich dem Druck der Familie nicht widersetzen können. 

Nach der Tat waren die Angeklagten in die Schweiz geflohen. Ende Mai wurden sie dort verhaftet und später nach Deutschland ausgeliefert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.