Streit um Wölfe Reizthema Wolf im Koalitionsvertrag? Wilderei beklagt
Soll es eine gezielte Jagd auf Wölfe geben? Geht es nach dem Jagdverband, gehört die Kehrtwende beim Wolfsschutz in den Koalitionsvertrag. Dagegen will ein neues Bündnis gegen Wilderer vorgehen.
Potsdam - Die künftige Landesregierung in Brandenburg soll nach einer Forderung des Landesjagdverbandes im Koalitionsvertrag verankern, dass sie sich für eine Jagd auf Wölfe einsetzt. Eine schnelle Lösung für das Reizthema dürfte aber schwierig bleiben.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und andere Verbände fordern die Landespolitik auf, sich verstärkt gegen illegalen Wolfsabschuss und Wilderer einzusetzen. In diesem Jahr sind in Brandenburg nach der Statistik des Landesamtes für Umwelt (LfU) vier Wölfe illegal getötet worden - in den Kreisen Uckermark, Oberhavel, Havelland und Oberspreewald-Lausitz.
Jagdverband schlägt feste Jagdzeiten für Wölfe vor
Der Geschäftsführer des Landesjagdverbandes, Kai Hamann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wir brauchen eine feste Jagdzeit für den Wolf.“ Es wäre zu begrüßen, wenn auch die Einführung einer Wolfs-Obergrenze in Brandenburg festgelegt würde. „Wir sehen eine kommende Regierungskoalition in der Pflicht, das mit in den Koalitionsvertrag aufzunehmen“, sagte Hamann. Einen Abschuss einzelner problematischer Wölfe hält der brandenburgische Landesjagdverband nicht für ausreichend, da die Zahl der Wolfs-Übergriffe auf Nutztiere gestiegen sei.
EU-Staaten wollen Schutz des Wolfes senken
Vertreter der EU-Staaten stimmten vor Kurzem mit der Stimme Deutschlands für einen abgesenkten Schutz des Wolfs. Damit wurde in Brüssel der Weg für ein Verfahren freigemacht, um den Wolfsbestand wegen vieler Weidetier-Risse strenger regulieren zu können. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) warnte vor weiteren Einschnitten im Natur- und Artenschutz.
Seit langem löst der Umgang mit dem Wolf heftigen Streit zwischen Naturschützern und vor allem Landwirten aus. Weidetierhalter sind in Aufregung, weil immer mehr Tiere über Zäune springen und Schafe reißen, aber auch Rinder und Ponys.
Neues Antiwildereibündnis: Illegaler Wolfsabschuss kaum geahndet
Um Wölfe vor illegaler Tötung zu schützen, haben Verbände wie der BUND und die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe ein neues Bündnis gegen Wilderei gegründet. Es will an diesem Freitag zu seinen Forderungen Stellung nehmen. Die Verbände kritisieren, dass illegaler Wolfsabschuss weitgehend ignoriert und kaum geahndet werde.
Der Sprecher des LfU sagte, bei der Bestätigung einer illegalen Tötung nach einer Sektion eines toten Wolfes stelle die Behörde eine Strafanzeige. „Aus ermittlungstaktischen Erwägungen werden dann keine weiteren Informationen veröffentlicht.“
Behörde genehmigt zwei Abschüsse - Tiere aber nicht getötet
Meistens sterben Wölfe bei Verkehrsunfällen. Erst vor Kurzem wurde laut Landesumweltamt ein toter Wolfswelpe an einer Straße bei Lauchhammer im Süden Brandenburgs entdeckt.
Zudem gab es laut Behörde in diesem Jahr bislang zwei Einzelgenehmigungen nach der Wolfsverordnung, um im Landkreis Prignitz und in der Uckermark je ein Problemtier zu schießen. Innerhalb einer bestimmten Frist - bis zum Einsetzen des Elterntierschutzes und damit der Schonung während der Jungenaufzucht - konnten die Wölfe nicht erlegt werden, wie es hieß. In Brandenburg können einzelne Wölfe nach besonders vielen Angriffen auf Herden und Nutztiere geschossen werden.
Verband für festgelegte Wolf-Jagdzeiten im November und Dezember
Verband-Geschäftsführer Hamann hält künftig einen anderen Weg für nötig, weil die Zahl der Wölfe in Brandenburg, die er mit mehr als 1000 angibt, aus seiner Sicht stark verringert werden muss. Er schlägt vor, die Jagdzeit für den Wolf auf November und Dezember zu legen. Dann könnten die Jäger Wölfe etwa während der Drückjagden erlegen. „Bei herbstlichen Drückjagden ist es mir oft passiert, wenn Unruhe im Wald entsteht, dass Wölfe wach werden“, sagte der Jäger.„Wir sehen eine große Chance, dass der Wolf ins Jagdrecht kommt. Die Zahl der Wölfe, die wir haben, ist nicht tragbar.“
Bundesregierung mit neuem Kurs in Wolfspolitik
Die Bundesregierung änderte ihren Kurs in der Wolfspolitik. Forderungen des Jagdverbandes nach festen Jagdzeiten und einer Wolfs-Obergrenze dürfte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) aber kaum befürworten.
Vorgesehen ist, dass der Schutzstatus des Wolfs von streng geschützt auf geschützt gesenkt werden soll. Erwartet wird, dass problematische Wölfe künftig leichter abgeschossen werden können, auch wenn Details dazu derzeit nicht feststehen. Bundesumweltministerin Lemke betonte, eine Reduzierung des Schutzstatus könne dem Gesetzgeber mehr Spielraum und Flexibilität im Umgang mit problematischen Wölfen geben, sie sei aber kein Freifahrtschein für ungeregelte Abschüsse. Hamann sagte: „Wir werden noch Monate hoffentlich aber nicht Jahre warten müssen, bis sich was tut.“
Hintergrund ist die steigende Zahl gerissener Nutztiere. Die Zahl bestätigter Wolfsrudel in Brandenburg - also Wolfsfamilien - stieg im Wolfsjahr 2022/2023 (von Mai bis April des Folgejahres) auf 52. Die Zahl der Wolfs-Übergriffe in Brandenburg stieg von 297 im Jahr 2022 auf 358 im vergangenen Jahr.