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Gesundheit Rettungsdienst fährt psychiatrische Notfälle teils sehr weit

Sachsen-Anhalt hat mit dem Psychiatrieausschuss ein Expertengremium, das sich die Versorgung der Betroffenen genau ansieht. Verbesserungsbedarf erkennen sie in der Notfallmedizin.

Von dpa 09.09.2024, 11:00
Kürzere Wege für die Notfallpatienten und klare Zuständigkeiten bei den Kliniken - das sind Ziele des Psychiatrieausschusses. (Archiv-Foto)
Kürzere Wege für die Notfallpatienten und klare Zuständigkeiten bei den Kliniken - das sind Ziele des Psychiatrieausschusses. (Archiv-Foto) Ronny Hartmann/dpa

Magdeburg - Die Notfallversorgung psychiatrisch erkrankter Menschen in Sachsen-Anhalt muss aus Sicht von Experten verbessert werden. Bislang würden diese Patientinnen und Patienten teils nicht in nahe gelegene Kliniken gebracht, sondern die Rettungswagen legten weitere Wege zurück. Der Hintergrund: Es seien keine verbindlichen Bereiche definiert, innerhalb derer Kliniken verpflichtend die stationäre psychiatrische Akutversorgung übernehmen, kritisiert der Psychiatrieausschuss des Landes Sachsen-Anhalt in seinem jüngsten Jahresbericht. 

Eine Notfallversorgungspflicht gelte nur für stationäre medizinische Einrichtungen, die über eine Notaufnahme verfügen. „Somit besteht für die neun Fachkrankenhäuser für Psychiatrie und Psychotherapie im Land Sachsen-Anhalt weder eine Erstversorgungspflicht für Notfallpatienten nach dem Rettungsdienstgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, noch besteht für diese eine regionale Pflichtversorgung.“ In der Folge transportiere der Rettungsdienst regelmäßig Patienten in psychiatrische Fachabteilungen, die weit entfernt vom Wohnort liegen.

Patienten stehen vor dem Problem, zurück nach Hause zu kommen

Einerseits kosteten die überregionalen Rettungsdiensttransporte erhebliche Zeit. „Andererseits stehen die Patienten vor oft unlösbaren Herausforderungen, sich wieder zurück an ihren Heimatwohnort zu begeben, wenn sie nach der Zuweisung an ein wohnortfernes, psychiatrisches Krankenhaus durch den Rettungsdienst keiner stationären Aufnahme bedürfen und nach kurzer Zeit wieder entlassen werden können.“

Die Experten gehen davon aus, dass es der Rettungsdienst in etwa jedem zehnten Fall mit einem Patienten zu tun hat, bei dem psychiatrische Symptome eine wesentliche Rolle spielen. Dabei handele es sich keineswegs um ausschließlich psychiatrisch erkrankte Patienten. Viele brächten aufgrund ihres Alters verschiedene Erkrankungen mit. Es gehe auch um massiven Alkoholmissbrauch, um Suizidabsichten und die Einnahme von Medikamenten in diesem Zusammenhang. 

Vorliegende Daten zu Patientenströmen analysieren

Der Psychiatrieausschuss empfiehlt in seinem Bericht, vorliegende Daten zu den Patientenströmen zu analysieren. So könnten wertvolle Informationen über die rettungsdienstliche Versorgungsrealität psychiatrischer Notfallpatienten im Land gewonnen werden. Auf der Basis ließen sich Verbesserungen auf den Weg bringen. Verbindliche Pflichtversorgungsgebiete könnten dafür sorgen, dass Patienten wohnortnah versorgt werden. Zudem empfehlen die Experten „interdisziplinäre Akutversorgungskliniken“, insbesondere für die Versorgung Minderjähriger. Dort sollen Kinderärzte und Kinderpsychiater zusammenarbeiten.

Der Psychiatrieausschuss besteht aus Experten, die ehrenamtlich Einrichtungen besuchen und Verbesserungen anregen. Sie haben etwa den übervollen Maßregelvollzug im Blick oder richten den Fokus auf fehlendes medizinisches und ärztliches Personal in psychiatrischen Einrichtungen.