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Arbeitsmarkt Sachsen steht bei Fachkräftesicherung vor Mammutaufgabe

Es vergeht kaum ein Tag, an dem auch in Sachsen nicht von einem Mangel an Fachkräften für den Arbeitsmarkt die Rede ist. Mit 471 Fragen haben die Linken im Landtag dazu nun Aufklärung verlangt.

Von dpa 04.12.2023, 13:54

Dresden - Sachsen steht bei der Sicherung des Arbeits- und Fachkräftebedarfs in den kommenden Jahren vor einer Mammutaufgabe. Das ist ein Fazit, das die Linken aus einer Große Anfrage im Landtag ziehen. Denn die Zahlen und Fakten offenbaren zahlreiche Baustellen auf diesem Gebiet. Nach Ansicht der Linken trifft der Mangel Sachsen besonders. Denn seit 1990 haben fast eine Million Menschen den Freistaat verlassen. 36,8 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind 50 Jahre und älter - bundesweit ein Spitzenwert. Laut Statistik werden bis 2025 jedes Jahr 20.000 Arbeitskräfte gebraucht, um die Lücke durch Altersabgänge zu schließen.

Linke: Der Markt kann Demografie nicht richten

Nico Brünler, Arbeitsmarkt-Experte der Linken im Parlament, hielt der Regierung Versäumnisse vor. Eine Enquete-Kommission habe schon vor 15 Jahren darauf hingewiesen, dass der Fach- und Arbeitskräftenachwuchs nicht ausreiche. Doch sei seither nicht viel passiert. Die CDU gehe immer davon aus, dass der Markt alles richten werde. Doch der Markt richte eben keine Demografie. „Wir wären heute viel weiter, wenn die CDU-geführten Regierungen seitdem gehandelt hätten. Das Arbeitspotenzial der Menschen, die bereits hier leben, und das derjenigen, die sich noch hier ansiedeln, muss besser ausgeschöpft werden - und zwar durch Anreize und Unterstützung.“

„Das Problem wird nicht behoben, indem man Menschen noch länger arbeiten lässt, wie es die CDU will. Wer Arbeitskräfte will, muss diese gerecht bezahlen und gute Bedingungen bieten“, sagte Brünler. Der Staat sollte vorangehen, indem er öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergibt, die ihre Beschäftigten ordentlich bezahlen. Brünler bemängelte die vergleichsweise niedrige Tarifbindung in Sachsen. Auch mehr als die Hälfte der Betriebe im Eigentum des Landes hätten keine Tarifbindung. Als weiteres Problem nannte der Linke- Politiker die hohe Zahl an abgebrochenen Berufsausbildungen. Im vergangenen Jahr sei dabei die Marke von 6000 überschritten worden.

Potenzial von Leuten mit ausländischen Wurzeln zu wenig genutzt

Einen Lösungsansatz sehen die Linken darin, das Potenzial von Menschen mit ausländischen Wurzeln besser zu nutzen. Flüchtlinge sollten schneller und besser ihre Berufskenntnisse durch praktische Arbeit statt in Papierform nachweisen können. „Dazu sollte ein Pilotprogramm mit dem Handwerk starten, Qualifikationschecks sollten möglichst direkt in den Geflüchtetenunterkünften beginnen. Die Ausländerbehörden müssten auf eine möglichst wohlwollende Entscheidungspraxis bei Anträgen auf Beschäftigungserlaubnis verpflichtet werden“, hieß es. Im öffentlichen Dienst seien Menschen nichtdeutscher Herkunft kaum zu finden.

Auf den Mangel an Ärzten und Lehrkräften wies Brünler besonders hin. Die Zahl der freien Arztstellen sei seit 2015 von 239 auf 518 gestiegen. Vor allem an Hausärzten mangele es, aber auch bei Augenärzten, Hautärzten sowie Kinder- und Jugendpsychiatern gebe es ein Problem. Mit Blick auf die Lehrerschaft sei nicht das Erreichen des Rentenalters die wichtigste Ursache für den Mangel. Wesentlich mehr Lehrkräfte verliere Sachsen unter anderem durch Kündigungen, Auflösungsverträge und Erwerbsunfähigkeit: „Es muss also auch an den Arbeitsbedingungen liegen.“

Brünler bescheinigte der Regierung, sehr ausführlich auf die 471 Fragen seiner Fraktion geantwortet zu haben. In der kommenden Woche soll die Große Anfrage im Plenum des Landtages behandelt werden.