AfD-Politiker Staatsanwaltschaft fordert Bewährungsstrafe für Höcke
Die Staatsanwaltschaft ist sich sicher: Björn Höcke hat wissentlich einen Nazi-Spruch in eine Rede eingebaut. Nun fordert sie eine Freiheitsstrafe auf Bewährung für den AfD-Politiker.
Halle - Im Prozess gegen den AfD-Politiker Björn Höcke hat die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung gefordert. Es sei weder nachvollziehbar noch glaubhaft, dass Höcke nicht gewusst habe, dass es sich bei der Losung „Alles für Deutschland“ um eine verbotene SA-Parole handelt, erklärte Staatsanwalt Benedikt Bernzen am Dienstag vor dem Landgericht in Halle. Höckes Verteidigung plädierte dagegen auf Freispruch. Der Prozess zog sich unerwartet in die Länge. Ein Urteil wurde noch für den Abend erwartet.
Das Gericht hatte zuvor eine Erklärung abgegeben, wonach es maximal eine Geldstrafe vorsieht. In diesem Fall müsste Höcke keine Aberkennung seiner Amtsfähigkeit befürchten. Die Staatsanwaltschaft sieht hingegen nur eine Freiheitsstrafe als angemessen an. Zudem solle Höcke 10.000 Euro zahlen, möglichst für gemeinnützige Einrichtungen wie Demokratieförderprojekte oder NS-Gedenkstätten. Das mögliche Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis hin zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Der Staatsanwaltschaft zufolge soll Höcke wissentlich in einer Rede im Mai 2021 in Merseburg eine Parole der SA (Sturmabteilung), der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP, verwendet haben. Er sagte dort: „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“. Beim dritten Teil des Dreiklangs handelt es sich um die verbotene Losung der SA. Die Staatsanwaltschaft Halle wirft Höcke vor, von der Herkunft und der Bedeutung der Losung gewusst zu haben. Der 52-Jährige hatte die Vorwürfe gegen ihn vor Gericht zurückgewiesen.
Höckes Verteidiger Ralf Hornemann sagte in seinem Plädoyer, der Spruch sei eigentlich vergessen gewesen. Nicht Höcke, sondern die Staatsanwaltschaft habe dafür gesorgt, dass ihn nun zahlreiche Menschen kennen. Rechtsanwalt Philip Müller argumentierte zudem, ein Bezug zur NS-Zeit sei bei der Veranstaltung in Merseburg nicht vorgekommen. Über Windräder sei geschimpft worden, über die Grünen und über die Migrationspolitik. Es habe sich um eine spontane Rede Höckes gehandelt und es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parole planvoll oder vorbereitet verwendet worden sei.
Höcke selbst richtete sich in seinem Schlusswort an die Staatsanwaltschaft. „Mein Eindruck ist, dass sie heute die Binde der Justitia nicht auf ihren Augen hatten, Herr Staatsanwalt“, sagte Höcke. „Sie haben nicht nach entlastenden Momenten gesucht.“ Zudem verwies der Politiker mehrfach darauf, dass er die Meinungsfreiheit in Deutschland als eingeschränkt sieht. Der Richter ermahnte Höcke, er solle sich zur Sache äußern und keine Wahlkampfrede halten.
Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet, Höcke ist ihr Landeschef.
Ein zweites gezeigtes Video zeigt einen Auftritt von Höcke im thüringischen Gera. Dort hatte er während eines Stammtisches die Parole „Alles für Deutschland“ auch verwendet, das dritte Wort allerdings nicht selbst ausgesprochen, sondern es vom Publikum rufen lassen. Zu diesem Zeitpunkt war die Anzeige wegen der Rede in Merseburg und die Ermittlungen längst Thema in den Medien. Der Fall sollte zwischenzeitlich Teil der aktuellen Verhandlung in Halle werden, wurde es dann aber doch nicht.
Der Thüringer AfD-Parteichef will am 1. September als Spitzenkandidat seiner Partei bei der Landtagswahl in Thüringen antreten. Ein Urteil des Landgerichts wird voraussichtlich keine Auswirkungen auf seine Kandidatur haben. Die AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt werden von den dortigen Landesämtern für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
Der in Nordrhein-Westfalen geborene Höcke wird sich auch wegen weiterer Vorwürfe vor Gericht verantworten müssen: Am Landgericht Mühlhausen in Thüringen wurde eine Anklage gegen ihn wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Termine für die Verhandlung gab es dort bis zuletzt nicht. Vor dem Landgericht in Halle soll der Fall in Gera verhandelt werden. Auch hier gibt es bislang keine Termine.