„Rave The Planet“ Techno-Fans im Tiergarten: Nackte Haut und krasse Beats
Bässe, die in den Magen fahren. Sengende Hitze - und jede Menge nackte Haut. Techno-Fans aus aller Welt haben sich in Berlin eingefunden, um den Spirit der Loveparade zu fühlen.
Berlin - Wummernder Beat, tanzende und jubelnde Massen. Rund 200.000 Menschen haben nach Polizeiangaben am Samstag in Berlin mit Loveparade-Gründer Dr. Motte erneut das Technospektakel „Rave The Planet“ gefeiert. Bei strahlendem Sonnenschein und mehr als 30 Grad zeigten viele Menschen auf der Straße des 17. Juni nackte Haut. Manche Frauen hatten obenrum nur einen BH an oder trugen hüftabwärts nicht mehr als einen Tanga.
Die Veranstalter sprachen von rund 300 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Die Party-Demo sei ein großer Erfolg gewesen. „Wir haben einen sehr guten Grundstein gelegt, auf den wir im nächsten Jahr wunderbar aufbauen können“, sagte die Sprecherin von „Rave the Planet“, Ellen Dosch-Roeingh, am Sonntag. Sorge bereitet den Veranstaltern jedoch nach eigenen Angaben die finanzielle Situation.
Bis zuletzt stand die zweite Auflage der Techno-Parade zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule wegen des Sicherheitskonzepts auf der Kippe. Kurz vor dem Start gaben Feuerwehr und Polizei dann aber doch ihr Okay - und zeigten sich später zufrieden mit dem Verlauf.
Bis 23.15 Uhr seien am Samstag 153 Menschen durch den Sanitätsdienst des Veranstalters versorgt worden, teilte die Feuerwehr am Sonntag mit. 51 davon seien durch den Rettungsdienst der Feuerwehr in Krankenhäuser gebracht worden. Insbesondere mit Blick auf die Hitze mit mehr als 30 Grad sei dies gut. „Das lief alles ganz vernünftig“, meinte ein Sprecher.
Zuvor hatte sich bereits die Polizei zufrieden mit dem Einsatzverlauf gezeigt. Nach Angaben eines Behördensprechers gab es knapp 60 Strafanzeigen „jeglicher Couleur“, Schwerpunkte bildeten demnach Körperverletzungen und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. Angesichts der vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bewege sich dies aber aus polizeilicher Sicht durchaus im Rahmen des zu Erwartenden.
Die Polizei begleitete die Techno-Parade nach eigenen Angaben mit rund 1000 Einsatzkräften. Mittendrin wandte sie sich mit einem skurrilen Anliegen an die Raver: „Bitte entkleiden Sie sich nicht.“ Teilnehmerinnen und Teilnehmer hätten sich beschwert.
Zum Auftakt der Parade begrüßte Dr. Motte, mit bürgerlichem Namen Matthias Roeingh, die Raver am Großen Stern. „Unser Motto: Music is the answer. Schön, euch zu sehen!“ Für Kultursenator Joe Chialo kam mit der Techno-Parade ein Stück Berlin nach Hause. In einem blauen Blumenhemd war der CDU-Politiker tanzend auf dem Paradewagen der Veranstalter zu sehen - und knüpfte damit an frühere Erlebnisse an. „Ich bin jemand, der schon in den 90er Jahren bei den Loveparades hier in Berlin mit dabei war. Ich kann also aus eigenem Erleben sagen, wie geil das ist, und warum das auch so richtig toll ist.“
Dr. Motte, der am Sonntag 63 Jahre alt wurde, klagte während der Party-Demo über Kreislaufbeschwerden. Ihm falle es schwer, sich jetzt wirklich über die Veranstaltung zu freuen, sagte er.
Die Polizei hatte als Genehmigungsbehörde zunächst Bedenken wegen des Sicherheitskonzepts. Dr. Motte und sein Team zitterten bis zuletzt um die Veranstaltung. Erst 36 Stunden vor Beginn konnten sie eine Einsatzleitung eines privaten Sanitätsdienstes finden, wie dessen Sprecher sagte.
Auch mit Blick auf die Katastrophe bei der völlig überfüllten Loveparade anderer Organisatoren 2010 in Duisburg hatten die fehlenden Verträge mit Sanitätsdiensten eine besondere Brisanz. In Duisburg waren 21 Menschen gestorben, mehr als 500 wurden verletzt.
Wie die legendären Berliner Techno-Paraden in den 1990er Jahren war der Umzug als Demonstration angemeldet. Neben der Botschaft, elektronische Musik als immaterielles Kulturerbe anzuerkennen und Technokultur von Förderungen profitieren zu lassen, ist auch Abrüstung eine Kernbotschaft der Veranstalter.
Auch Umweltschutz und Müllvermeidung nannten sie als Thema und riefen für Sonntag Freiwillige auf zur Reinigungsaktion im Tiergarten. Am Nachmittag waren dort aber noch haufenweise Essensreste, Plastikbecher, Flaschen und Scherben zu finden. Jenseits der Grünanlagen hatte die Berliner Stadtreinigung (BSR) dagegen schon aufgeräumt. 140 Beschäftigte und 55 Fahrzeuge sollten nach Angaben eines Unternehmenssprechers im Einsatz sein. 2022 hatte die BSR nach seinen Angaben 135 Kubikmeter Abfall nach der Parade gesammelt.