Prozessauftakt Tödliches Stalking? - Angeklagter will schweigen
Der Vorwurf wiegt schwer: Ein Paar soll beschlossen haben, die frühere Partnerin des Mannes zu drangsalieren. Diese nimmt sich daraufhin das Leben. Vom Prozess wird aber nicht viel bekannt werden.
Braunschweig - Im Prozess um mutmaßlich tödliches Stalking will der Angeklagte zu den Vorwürfen schweigen. „Mein Mandat wird das bestreiten und zur Sache erst mal nichts aussagen, kündigte Verteidiger Ralf-Peter Jordan vor Prozessbeginn am Braunschweiger Landgericht an. Das Verfahren gegen den 24-Jährigen und eine 20-jährige Frau begann anschließend mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit.
Gericht will Stigmatisierung oder Bloßstellung verhindern
Medien und Zuhörer sollen die Verhandlung zum Schutz der zur Tatzeit jugendlichen Angeklagten nicht verfolgen. Es gelte, Stigmatisierung oder Bloßstellung zu vermeiden, begründete die Richterin ihre Entscheidung. Die beiden Angeklagten sollen die Ex-Partnerin des Mannes so lange drangsaliert haben, bis die junge Frau aus dem Landkreis Goslar keinen Ausweg mehr sah und Suizid beging. Der Vorwurf lautet nun: Nachstellung mit Todesfolge.
Das Paar soll - so die Überzeugung der Staatsanwaltschaft Braunschweig - beschlossen haben, der früheren Freundin des Mannes das Leben schwer zu machen. Später sei der Plan gewesen, die Frau gar nicht mehr in Ruhe zu lassen. Es folgten laut Anklage mehrere Kontakte über soziale Medien, Anrufe mit unterdrückter Nummer, beinahe tägliches Vorbeifahren am Haus, mehrmaliges Überholen mit dem Auto und Auflauern auf der Joggingstrecke.
Das damals 18-jährige Opfer starb im November 2022. Viele Beteiligte gehen mehr als zwei Jahre später von einem aufwendigen Verfahren aus, für das es bundesweit erst sehr wenige Vergleichsfälle gibt. 14 Verhandlungstage mit vielen Zeugen sind bis in den April angesetzt. Allein den mutmaßlichen Tatzeitraum geben die Strafverfolger von Mai 2020 bis November 2022 an.
Den Angeklagten drohen lange Strafen
Die Kammer wird prüfen, ob der Tod durch das Nachtstellen verursacht wurde, wie Gerichtssprecherin Lisa Rust beschrieb. Es muss demnach geklärt werden, ob es einen Zusammenhang gibt. Bei einer Verurteilung der jugendlichen Angeklagten drohe eine Jugendstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Dem Mann drohe eine Jugendstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Sollte für ihn das Erwachsenenstrafrecht angewendet werden, könnte es sogar eine Freiheitsstrafe zwischen einem Jahr bis zu zehn Jahren werden.
Verteidiger Jordan betonte vorab, dass es bundesweit erst wenige Verurteilungen wegen des Vorwurfs Nachstellung mit Todesfolge gebe. Man müsse zunächst Stalking und dann auch noch den Vorsatz beweisen. Dieser Nachweis wird dem Rechtsanwalt zufolge auch deshalb schwierig, weil in diesem Prozess viele Zeugen nur Zeugen vom Hörensagen sind.