Deutschland vor Bundestagswahl Wahlkämpfer Pistorius warnt: Demokratie von rechts in Gefahr
Mit roten Rosen und scharfen Worten wirbt Boris Pistorius im Straßenwahlkampf in Hannover um Stimmen für seine SPD. Er warnt vor einem gesellschaftlichen Rollback.
![Der Verteidigungsminister auf Wahlkampf-Mission in Hannover: Boris Pistorius verteilt Rosen.](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/08/458696f6-a3e6-48e7-9cd2-3fc05635d133.jpeg?w=1024&auto=format)
Hannover - Zwei Wochen vor der Bundestagswahl hat Verteidigungsminister Boris Pistorius die demokratische Mitte in Deutschland vor jeder Zusammenarbeit mit der AfD gewarnt. „Das, was letzte Woche im Bundestag passiert ist, ist ein Tabubruch. Die Tür nach Rechtsaußen muss geschlossen bleiben“, forderte der SPD-Politiker in Hannover auf dem Opernplatz bei einer Demonstration gegen rechts.
„Es geht um den Schutz unserer Demokratie“, sagte Pistorius vor mehreren Tausend Demonstranten. Diese sei weder von Gott gegeben noch auf ewig garantiert. „Sie ist angreifbar, sie ist unter Druck, und es liegt an uns, sie zu beschützen“, sagte er.
Pistorius: Wir wollen keine gesellschaftlichen Rollbacks
Pistorius warnte vor politischen Kräften, die die gesellschaftlichen Verhältnisse in Deutschland womöglich um Jahrzehnte zurückwerfen wollten. „Wir verteidigen unsere Demokratie gegen alle Anfeindungen, und wir wollen keine gesellschaftlichen Rollbacks in die 50er oder gar in die 30er Jahre“, sagte er.
Seit dem Messerangriff von Aschaffenburg mit zwei Toten dreht sich der Bundestagswahlkampf weitgehend um das Thema Migration. Tatverdächtig ist ein offenbar psychisch kranker Mann aus Afghanistan, der ausreisepflichtig war. Der Tat ging eine Reihe anderer Attacken voraus, bei denen ebenfalls Ausländer unter Verdacht stehen.
Ein Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration war am Freitag vergangener Woche im Bundestag trotz der Zustimmung der AfD gescheitert. CDU-Chef Friedrich Merz - Kanzlerkandidat der Union - hatte zuvor schon für Empörung gesorgt, weil er am Mittwoch im Bundestag in Kauf nahm, dass sein Fünf-Punkte-Plan zur Migrationspolitik nur mit AfD-Stimmen eine Mehrheit bekam.
Warnung vor „Freifahrtschein“ zur Zusammenarbeit mit der AfD
„Das, was dort passiert ist, wird bereits in den ostdeutschen Bundesländern von den Landesverbänden der Union als Freifahrtschein, als Aufforderung verstanden, man könnte doch noch ein bisschen mehr mit der AfD zusammenarbeiten“, warnte Pistorius.
Neben seinem Auftritt bei der Demonstration beteiligte Pistorius sich an SPD-Ständen in Hannover am Straßenwahlkampf. Lange war er niedersächsischer Innenminister und ist nun Bundestagskandidat für die SPD in der Landeshauptstadt. Er verteilte rote Rosen und Broschüren an Passanten und kam mit Wählern ins Gespräch.
Pistorius fordert mehr Geld für Kommunen und Problemlösung
Pistorius besichtige auch ein großes Wohnungsbauprojekt und nahm im Vereinszentrum von Hannover 96 an einer Diskussion teil. Dabei stand die Integration von Zuwanderern und die Inklusion von Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt. Bei beidem sieht er die Sportvereine in einer wichtigen Rolle.
„Der größte Fehler, den wir machen können, hier als Demokraten, als Engagierte, ist zu glauben, alles, was wir bis jetzt erreicht haben, sei selbstverständlich oder nicht umkehrbar. Ich erinnere nur mal an den amerikanischen Präsidenten, wenn er über Diversity-Programme spricht“, sagte Pistorius.
Es gebe in Städten und Gemeinden Akteure, die sich engagieren und Konzepte hätten, oft fehle es aber am Geld. Die Kommunen stünden finanziell „ziemlich in der Ecke“, weil sie vom Staat viele Pflichtaufgaben dazu bekommen hätten und ein immer kleinerer Teil des Haushalts überhaupt noch frei verfügbar sei. Seine Forderung: die Kommunen brauchen „finanzielle Luft zum Atmen“.