Hochschulen Wieder mehr Gasthörer an Hochschulen in Niedersachsen
Die Hochschulen wecken nicht nur das Interesse von jungen Menschen. Gasthörer - besonders im Seniorenalter - sind an den Universitäten willkommen. Die Zahlen steigen nach einem Corona-Einbruch wieder.

Hannover/Bremen - Kurse zu Künstlicher Intelligenz, Geschichte und Philosophie: Die Zahl der Gasthörerinnen und Gasthörer an den Hochschulen in Niedersachsen und Bremen steigt langsam wieder an. An manchen Universitäten ist das Niveau von vor der Corona-Pandemie schon überschritten. Während junge Menschen die Lehrveranstaltungen oft zur Studienorientierung nutzen, kommen Senioren aus Interesse und zur Weiterbildung.
Die älteste Gasthörerin in Oldenburg ist 86. Dort hatten sich im Wintersemester 2024/25 463 Gäste angemeldet - ein neuer Höchststand nach 2017 mit 437. Mit 51 Prozent überwiegt der männliche Anteil minimal, die meisten sind zwischen 60 und 69 Jahre alt, wie die Universität mitteilte.
Das Gasthörenden- und Seniorenstudium an der Leibniz Universität Hannover (LUH) feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Vor der Pandemie gab es im Wintersemester 2019/20 1.024 Teilnehmende, 2020/21 brach die Zahl auf 557 ein. Die Situation habe sich entspannt, im Wintersemester 2023/24 hätten sich 776 eingeschrieben. Die aktuellen Zahlen mit gefühlt mehr Gästen sind bisher nicht ausgewertet, wie die LUH mitteilte.
Senioren kommen, um zu bleiben
„Dennoch kann man sagen, was die Teilnehmendenzahlen angeht, sind wir über den Berg“, sagt Professorin Katharina Wittich. Die Verluste der Pandemiejahre seien eine finanzielle Last. Unter den treuen älteren Teilnehmenden seien viele, aber nicht alle zurückgekehrt.
„Gleichwohl verzeichnen wir eine sehr hohe Kontinuität: Diese Seniorenstudierenden kommen, um zu bleiben“, erklärt die Leiterin des Programms für Weiterbildung. Sie belegten bevorzugt Lehrinhalte aus der Philosophie und Geschichte, den Kultur- und Religionswissenschaften, gleich danach würden technische Inhalte nachgefragt, im Moment stark Kurse zu Künstlicher Intelligenz.
Allgemeinverständliche Einführungen würden gut ankommen. Viele Senioren seien sogar älter als 80 Jahre. „Die nachrückende Generation setzt weniger auf bildungsbürgerliche, denn auf politisch-gesellschaftliche Themen“, schildert Wittich ihre Eindrücke.
Der wieder ansteigende Trend wird auch aus Bremen bestätigt: Die Uni der Hansestadt gibt zum Wintersemester 2023/24 1.622 Gasthörer an, aber die 1.923 aus 2019 sind bislang nicht wieder erreicht.
Vor-Corona-Niveau zum Teil wieder erreicht
An der Leuphana in Lüneburg lag die Zahl im Sommersemester 2024 bei 125, im aktuellen Wintersemester bei 104. Damit ist das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht. Die beliebtesten Lehrveranstaltungen sind Psychologie, Politikwissenschaft, Geografie, Rechtswissenschaft und Theologie.
Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts besuchten im Wintersemester 2023/24 32.200 Gaststudierende Lehrveranstaltungen an den deutschen Hochschulen. Das waren 9 Prozent mehr als im Wintersemester 2022/23, aber 14 Prozent weniger als im Wintersemester 2019/20. So ähnlich sieht die Entwicklung in Niedersachsen aus.
Mit 3.028 Gasthörern gab es im Wintersemester 2023/24 im Land mehr Interessenten als in den Vorjahren mit 2.877 und 2.579. Auch der Anteil aus dem Ausland ist von 228 in den Jahren 2021/22 auf 344 gestiegen. Besonders beliebt sind die Fächer Geschichte, Philosophie und die Wirtschaftswissenschaften.
Gasthörer können auch ohne Hochschulreife an einzelnen Lehrveranstaltungen der Hochschulen teilnehmen. Abschlussprüfungen sind nicht möglich.
Uni-Luft schnuppern
Wie viele Hochschulen wirbt die Universität Vechta um Gasthörer. „Mit diesem Angebot möchten wir einerseits Personen ansprechen, die nach der aktiven Berufsphase eine neue Herausforderung suchen und sich mit wissenschaftlich fundierten Fragestellungen auseinandersetzen möchten“, erklärt Maria Goldberg, Koordinatorin „Offene Hochschule“.
Andererseits bietet das Gasthörstudium ihr zufolge Berufstätigen, die sich neu orientieren möchten und über ein Studium nachdenken, die Gelegenheit, „Uni-Luft zu schnuppern, erste Studienerfahrungen zu sammeln und mögliche Berufsperspektiven zu entwickeln“.