1. Startseite
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Autoindustrie: „Wir haben die Schnauze voll“ - Warnstreik bei VW Sachsen

Autoindustrie „Wir haben die Schnauze voll“ - Warnstreik bei VW Sachsen

Bei VW brennt es lichterloh, konstatiert Betriebsrat Uwe Kunstmann. Denn für die Beschäftigten steht extrem viel auf dem Spiel. Doch sie zeigen sich kampfbereit. Gibt es bald 24-Stunden-Streiks?

Von Andreas Hummel, dpa Aktualisiert: 02.12.2024, 14:00
Tausende Beschäftigte des Volkswagen-Werkes in Zwickau haben am Montagvormittag für 2 Stunden ihre Arbeit niedergelegt.
Tausende Beschäftigte des Volkswagen-Werkes in Zwickau haben am Montagvormittag für 2 Stunden ihre Arbeit niedergelegt. Hendrik Schmidt/dpa

Zwickau/Chemnitz/Dresden - Die Beschäftigten von Volkswagen in Sachsen sind wild entschlossen, dem Vorstand von Europas größtem Autobauer Paroli zu bieten. Am Montag traten Tausende in einen Warnstreik - nicht nur in der E-Auto-Fabrik in Zwickau, sondern auch im Chemnitzer Motorenwerk und der Gläsernen Manufaktur in Dresden. Für sie geht es ans Eingemachte. Zwar fordern sie in der aktuellen Tarifauseinandersetzung 7 Prozent mehr Lohn und 170 Euro mehr für Auszubildende. Doch angesichts der Krise bei Volkswagen drohen massive finanzielle Einbußen, betriebsbedingte Kündigungen und Werkschließungen, wenn der Vorstand Ernst macht mit seinen Sparplänen. 

Deswegen hatte die IG Metall am Montag an fast allen Standorten bundesweit zu Warnstreiks aufgerufen - so auch in Sachsen. Den Anfang machten die Beschäftigten in der Zwickauer E-Auto-Fabrik. Sie legten um 9.30 Uhr für zwei Stunden die Arbeit nieder und zogen vor das Werkstor. „Wir haben die Schnauze voll“, sangen sie in Sprechchören und machten ihrem Unmut mit Trillerpfeifen und Rasseln Luft. Gewerkschaft und Betriebsrat sprachen von 4.000 bis 5.000 Teilnehmern. Im Motorenwerk in Chemnitz zogen kurze Zeit später ebenfalls rund 500 Beschäftigte vor das Tor, am Mittag folgten 150 Mitarbeiter der Gläsernen Manufaktur in Dresden. 

Betriebsrat wirft VW-Management Versagen vor 

Der Gesamtbetriebsratschef von Volkswagen Sachsen nutzte seine Rede in Zwickau für eine Generalabrechnung mit dem VW-Vorstand. Nicht die Beschäftigten, sondern das Management habe die aktuelle Krise zu verantworten, sagte Uwe Kunstmann. „Eigentlich müssten wir beim Vorstand eine leistungsorientierte Vergütung einführen. Aber dann würde der Vorstand verhungern.“ 

Kunstmann sprach von einem Versagen des Managements. „Genau vor drei Monaten hat der Vorstand den Laden Volkswagen angezündet. Seit Sonntag 0.01 Uhr brennt dieser Laden lichterloh.“ Damit spielte er auf die Ankündigung des Unternehmens von milliardenschweren Einschnitten samt einer Lohnkürzung von zehn Prozent sowie Werkschließungen und betriebsbedingte Kündigungen vor drei Monaten an. Am Sonntag 0.00 Uhr war nun die Friedenspflicht in der aktuellen Tarifauseinandersetzung ausgelaufen.

Gewerkschaft droht mit 24-Stunden-Streik

„Wir werden erbittert kämpfen um jeden Arbeitsplatz“, betonte Kunstmann. Er verwies darauf, dass bereits Hunderte Jobs in Zwickau abgebaut wurden. Dabei geht es um Beschäftigte mit befristeten Verträgen, die nicht verlängert wurden. Aktuell zählt der Standort noch etwa 9.200 Mitarbeiter - ohne Auszubildende. Kunstmann mahnte, dass es in Deutschland keine Standortschließungen und keine Massenentlassungen bei Volkswagen geben dürfe. 

„Sollte der Vorstand nicht zur Vernunft kommen, wird das nicht der letzte Warnstreik sein“, betonte Kunstmann. „Wenn es sein muss, war das heute der Anfang eines heißen Winters.“ Die IG Metall bereitet sich bereits auf einen längeren Arbeitskampf vor. „Dieser Arbeitskampf wird weitergehen, solange der Vorstand mit Werksentschließungen, Massenentlassungen und Tarifeinschnitten droht“, betonte Bezirksleiter Dirk Schulze. Man sei bereit, den Arbeitskampf zu 24-Stunden-Streiks und gar unbefristeten Arbeitsniederlegungen auszuweiten, sagte Thomas Knabel, 1. Bevollmächtigter der Region Zwickau, bei der Kundgebung.