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Wirtschaftsschwäche Wirtschaftsminister fordert 100-Tage-Programm für Industrie

Brandenburgs Industrie kämpft mit Kurzarbeit, Werke sind bedroht. Wirtschaftsminister Keller schaltet sich ein. Vom Bund fordert er ein 100-Tage-Programm.

Von dpa 19.02.2025, 13:18
Wirtschaftsminister Keller (SPD) kämpft um den Erhalt von Industriearbeitsplätzen in Brandenburg (Archivbild)
Wirtschaftsminister Keller (SPD) kämpft um den Erhalt von Industriearbeitsplätzen in Brandenburg (Archivbild) Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Potsdam - Angesichts der Wirtschaftskrise hat die Landesregierung in Brandenburg Unterstützung für schwächelnde Industrieunternehmen signalisiert. Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) kündigte auch an, sich bei einer neuen Bundesregierung nach der Wahl rasch für ein Ankurbeln der Baukonjunktur, bessere Wettbewerbsbedingungen für die Solarindustrie und niedrigere Strompreise für energieintensive Firmen einzusetzen. 

Anfang März werde es eine Industriekonferenz mit dem Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) zum Austausch mit Unternehmen, Verbänden und Industrie- und Handelskammern geben, sagte Keller im Wirtschaftsausschuss des Landtags in Potsdam. Nötig sei ein 100-Tage-Sofortprogramm, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit für energieintensive Unternehmen in Deutschland wieder herzustellen. Keller sprach mit Blick auf eine neue Bundesregierung auch von einem „Pakt für Wachstum und Industrie“, um der Gefahr einer Deindustrialisierung in Deutschland entgegenzuwirken. 

Sorgen um Stahlwerk Riva Hennigsdorf

Große Sorgen macht sich die Landesregierung um das Riva-Stahlwerk in Hennigsdorf. Wegen der Herstellung von Baustahl sei das Werk von der schwachen Baukonjunktur betroffen, sagte der Wirtschaftsminister. „Es muss wieder Schwung in die Bauindustrie rein.“

Hunderte Beschäftigte des Hennigsdorfer Stahlwerks sind seit Jahresanfang in Kurzarbeit, die Produktion steht vorerst still. Nach derzeitigem Stand gehe er davon aus, dass die Kurzarbeit über den März hinaus fortgesetzt werde, sagte der Wirtschaftsminister. Hinweise, dass Arbeitsplätze in großem Rahmen abgebaut werden, habe er aber nicht. 

Die Stahlindustrie in Deutschland steckt in Schwierigkeiten. Dumpingpreise vor allem aus Fernost, hohe Energiekosten und eine schwierige „grüne“ Transformation belasten die Branche.

Gespräche mit Solarglashersteller angekündigt

Wirtschaftsminister Keller kündigte Gespräche mit dem bedrohten Solarglashersteller in Tschernitz (Spree-Neiße-Kreis) und dem indischen Gesellschafter des Unternehmens an. Ab März ist laut Keller bei der Glasmanufaktur Brandenburg am Standort Tschernitz Kurzarbeit geplant. Die Landesregierung will unter anderem erreichen, dass die deutsche Solarindustrie vor Preisdumping aus China geschützt wird. Die Diskussion über einen Resilienzbonus für die heimische Solarglasindustrie müsse zügig wieder aufgenommen werden, sagte Keller.

Das Glaswerk in Drebkau südwestlich von Cottbus soll nach den Worten Kellers wegen fehlenden Absatzes geschlossen werden. Der Hersteller, der nach eigenen Angaben 163 Mitarbeiter hat, produziert Glasbehälter und ist bereits in Kurzarbeit. Das Land habe dem Unternehmen Ardagh Unterstützung angeboten, wenn Investitionen dazu führen würden, das Unternehmen zu erhalten. „Das ist derzeit von Ardagh nicht gewünscht“, so Keller.

Zukunft des Autozulieferers ZF im Fokus

Auch beim Werk des Autozulieferers ZF in Brandenburg an der Havel hat sich die Regierung in Brandenburg eingeschaltet. Die Auftragslage sei zwar weiter ausgezeichnet, aber womöglich endlich, meinte Keller. ZF stelle in Brandenburg an der Havel Hochleistungsgetriebe vor allem für Porsche her. Die Produktion solle aber nach seiner bisherigen Kenntnis 2026 auslaufen. Dies würde einen Auftragseinbruch von 80 bis 85 Prozent bedeuten. 

Das Unternehmen mit Hauptsitz in Friedrichshafen am Bodensee will in den kommenden Jahren bis zu 14.000 Stellen in Deutschland streichen. Auch andere große Autozulieferer stecken in der Krise.