Koalitionsverhandlungen Wirtschaftsminister will Koalition mit BSW nicht angehören
Die Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW in Brandenburg gehen in die entscheidende Phase. Der Wirtschaftsminister will in einer neuen Regierung nicht dabei sein - wegen Differenzen mit dem BSW.
Potsdam - Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) will einer neuen Landesregierung nicht mehr angehören, weil er Positionen des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) nicht mittragen kann. Er stehe nicht weiter zur Verfügung, hieß es in einer Mitteilung des Wirtschaftsministeriums. Wegen der von der Parteispitze vertretenen Positionen sehe er persönlich keine Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem BSW.
Nähere Angaben dazu machte das Ministerium auf Nachfrage nicht. „In meinem Alter bietet die geschilderte Situation keine Perspektive für eine weitere Amtszeit“, sagte der 68-Jährige zu seiner Entscheidung, die er in einer entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW öffentlich macht.
Debatten gab es im Vorfeld über den Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und in der Friedenspolitik sowie zur Stationierung von US-Raketen in Deutschland, die Russland abschrecken sollen. Bislang war klar, dass sich SPD und BSW darauf verständigten, sich für eine diplomatische Lösung des Ukraine-Kriegs einzusetzen.
Woidke würdigt Arbeit Steinbachs
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) teilte mit, Steinbach habe ihm vor mehreren Wochen mitgeteilt, dass er der neuen Regierung nicht mehr angehören wolle. „Ich bedaure die Entscheidung sehr, kann aber nachvollziehen, wenn er jetzt mit fast 70 Jahren andere Prioritäten setzen möchte.“ Seine Arbeit habe wesentlichen Anteil daran, dass Brandenburg wirtschaftlich im Osten vorne liege.
Steinbach sagte, ihm sei die Entscheidung nicht leicht gefallen. Für ihn fange nun aber eine neue Lebensphase an. „Ich freue mich auch auf andere Aktivitäten.“ Er bleibt noch bis zur Neubildung der Regierung geschäftsführend im Amt.
BSW: Viele Unternehmen leiden unter Wirtschaftssanktionen
Das BSW in Brandenburg ging auf die Kritik Steinbachs nicht direkt ein. BSW-Landesgeschäftsführer Stefan Roth sagte, wer auf der Position des Wirtschaftsministers nachfolge, müsse ein besonderes Augenmerk auf die Sicherung von Arbeitsplätzen und den Erhalt der Produktionsstätten von Industriebetrieben im Land legen. „Viele dieser Unternehmen sind abhängig von Energiepreisen und leiden unter den Wirtschaftssanktionen. Sie brauchen die besondere Unterstützung des Landes.“
Koalitionsverhandlungen von SPD und BSW in Endphase
SPD und BSW in Brandenburg steuern derzeit auf den Endspurt ihrer Koalitionsverhandlungen zu, müssen aber noch Streitpunkte klären. Unklar war bislang auch, wer welches Ministerium in einer neuen Landesregierung übernimmt.
Grüne: Minister-Rückzug schwere Hypothek für SPD/BSW-Koalition
Die Grünen-Landesspitze nannte Steinbach einen „Mann, der Ehre und Rückgrat beweist“. Seine Kritik sei aber ein deutliches Signal, dass die Grundlage für eine stabile Zusammenarbeit in der kommenden Regierung fragil sei. „Das ist eine schwere Hypothek für eine mögliche SPD-BSW-Koalition.“
Der Wirtschaftsstaatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, der brandenburgische Bundestagsabgeordnete Michael Kellner (Grüne), sagte zu Steinbach: „Er war einer der wenigen Sozialdemokraten in Brandenburg, der eine klare Haltung zur russischen Aggression gegenüber der Ukraine hat. Meine Sorge vor einer Landesregierung, die Pro-Putin-Politik betreibt, steigt damit weiter.“ Steinbach habe zudem „die Chancen des grünen Wandels für gut bezahlte Arbeitsplätze und Wohlstand“ ergriffen, lobte Kellner.
Tesla-Ansiedlung und Zukunft der Ölraffinerie PCK wichtige Projekte
Steinbach war Präsident der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus und übernahm im November 2019 das Wirtschaftsministerium in Brandenburg. Er begleitete unter anderem die Ansiedlung von US-Autobauer Tesla in Grünheide bei Berlin eng und war in einer Taskforce zur Zukunft der Ölraffinerie PCK in Schwedt eingebunden. Die Bundesregierung beschloss jedoch wegen des Ukraine-Kriegs den Verzicht auf russisches Öl. Im August hatte die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht an ihrer Forderung nach einer Rückkehr zu russischem Erdöl für die Raffinerie in Schwedt festgehalten.