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Konsequenzen aus Anschlag Woidke kritisiert Innenministerin in Abschiebedebatte

Die tödliche Messerattacke von Solingen hat eine Debatte über Abschiebungen ausgelöst. Brandenburgs Regierungschef Woidke kritisiert Bundesinnenministerin Faeser, seine Parteikollegin.

Von dpa Aktualisiert: 28.08.2024, 15:12
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke kritisiert Kurs von SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser. (Archivbild)
Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke kritisiert Kurs von SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser. (Archivbild) Michael Bahlo/dpa

Potsdam - Nach dem Anschlag von Solingen geht Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in der Debatte um Abschiebungen auf Distanz zu Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Woidke nannte den Aufruf seiner Parteikollegin an die Länder zu konsequenteren Abschiebungen „unangemessen“. „Es hilft nicht, mit dem Finger aufeinander zu zeigen. Alle gemeinsam sind gefordert“, sagte Woidke dem „Tagesspiegel“. Er könne nicht erkennen, dass das Bundesgesetz für schnellere Rückführungen etwas vorangebracht habe. „Die Migrationspolitik der letzten zehn Jahre in Deutschland gehört auf den Prüfstand.“

Landtag kommt zu Sondersitzung zusammen

Am Freitag waren bei einem Stadtfest in Solingen in Nordrhein-Westfalen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Der Mann hätte eigentlich im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber nicht gelang.

Der Brandenburger Landtag kommt am Donnerstag auf Antrag der AfD-Landtagsfraktion zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Folgen der Tat zu beraten. Die Debatte über Konsequenzen fällt in den Wahlkampf: In Brandenburg wird am 22. September ein neuer Landtag gewählt.

Faeser sieht Länder am Zug

Faeser sieht für eine konsequentere Abschiebung von Ausreisepflichtigen die Länder in der Pflicht. „Gesetzlich haben wir bereits umfassende neue Grundlagen für mehr Rückführungen geschaffen, damit sich Ausreisepflichtige der Abschiebung nicht mehr entziehen können“, hatte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe gesagt. „Entscheidend für den Erfolg ist vor allem, dass die neuen Befugnisse und Regelungen auch vor Ort in den Ländern umgesetzt werden.“

Der Bundestag hatte zu Jahresbeginn Gesetzesverschärfungen beschlossen, um Abschiebungen zu erleichtern. Die gesetzliche Höchstdauer des Ausreisegewahrsams wurde von 10 auf 28 Tage verlängert. Behördenvertreter dürfen in Gemeinschaftsunterkünften auch andere Räume betreten als nur das Zimmer des Abzuschiebenden. 

Innenminister kritisiert Bundesgesetz

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), der die Innenministerkonferenz leitet, bekräftigte seine Kritik am Bund. Das Gesetz zur vermeintlichen Beschleunigung von Abschiebungen mache es in der Praxis noch schwieriger, Ausreisepflichtige abzuschieben, sagte Stübgen dem „Tagesspiegel“.

„Es braucht Abschiebeabkommen mit Herkunftsländern, es braucht langfristige Kontrollen an unseren Grenzen und es braucht diplomatische Kontakte mit Syrien und Afghanistan“, sagte Stübgen. „Entscheidend ist jedoch, dass ab jetzt an den deutschen Grenzen niemand mehr in unser Land gelassen wird, der aus einem sicheren Drittstaat kommt.“

Rund 780 Ausreisen im Jahr 2023

In Brandenburg gibt es nach Angaben des Innenministeriums etwas mehr als 4.000 ausreisepflichtige Ausländer, die das Land verlassen müssten. Ein Großteil davon könne aber nicht abgeschoben werden. Im vergangenen Jahr seien knapp 780 Menschen ausgereist - meist freiwillig. Im ersten Halbjahr 2024 waren es rund 450. Gleichzeitig komme aber das Zehnfache an Menschen neu an, kritisierte der Minister.

FDP-Landeschef Zyon Braun warf der rot-schwarz-grünen Landesregierung vor, verschärfte Regeln auf Bundesebene verhindert zu haben. „Die Landesregierung hat eine Ausweitung der sicheren Herkunftsländer auf die Maghreb-Staaten im Bundesrat stets blockiert“, kritisierte er als Beispiel.