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Einsparungen Woidke verteidigt eine Stunde mehr Unterricht gegen Kritik

Die Lehrer in Brandenburg sollen wegen finanzieller Zwänge eine Stunde mehr Unterricht geben und zugleich entlastet werden. Das stößt nicht nur bei Schülern auf Unmut. Der Regierungschef äußert sich.

Von dpa Aktualisiert: 12.04.2025, 13:56
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält die geplante zusätzliche Unterrichtsstunde für Lehrer für richtig. (Archivbild)
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hält die geplante zusätzliche Unterrichtsstunde für Lehrer für richtig. (Archivbild) Soeren Stache/dpa

Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke hält die geplante zusätzliche Unterrichtsstunde für Lehrer trotz wachsender Kritik für notwendig. „Ich glaube (...), dass wir, wenn wir die Qualität in den Schulen verbessern wollen, uns schon fragen müssen, warum in Brandenburg ein Lehrer eine Stunde weniger pro Woche vor einer Klasse steht als in Berlin“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Woidke sieht die Pläne auch als Mittel gegen immer mehr Seiteneinsteiger vor allem auf dem Land. „Wir haben heute schon in Berlin-ferneren Regionen 60 bis 70 Prozent Quereinsteiger in einer normalen Schule und wir können nicht zulassen, dass dieser Anteil in Zukunft auf 100 Prozent steigt“, sagte er. „Deswegen ist es auch notwendig, dass hier die Lehrerinnen und Lehrer so weit von anderen Aufgaben befreit werden, dass sie diese eine Stunde länger in der Woche vor der Klasse stehen können.“

Zusätzliche Stunde bringt Einsparungen 

Die Lehrerinnen und Lehrer im Land sollen künftig eine Stunde mehr unterrichten, aber von anderen Aufgaben entlastet werden. Das geht aus dem Begleitgesetz zum Doppelhaushalt für dieses und nächstes Jahr hervor. Bisher fallen an Grundschulen 27 Stunden pro Woche und an Oberschulen, Gesamtschulen und Gymnasien 25 Stunden pro Woche verpflichtend an. Mit einer Stunde mehr wäre das Stundenniveau von Berlin erreicht.

Die zusätzliche Unterrichtsstunde, die zum zweiten Halbjahr des nächsten Schuljahres kommen soll, bringt dem Land Einsparungen in schwieriger Finanzlage. Sie soll nicht für Lehrer an Förder- und Berufsschulen sowie an sozialen Brennpunktschulen gelten.

Lehrerdefizit und Stundenausfall

In Brandenburg herrscht Lehrermangel. Nach einem vorläufigen Einstellungsstopp wegen einer Art Inventur werden wieder Lehrkräfte eingestellt. Für das nächste und übernächste Schuljahr sind etwas weniger Stellen für Lehrkräfte im Doppelhaushalt des Landes geplant.

Im Schuljahr 2023/2024 mussten knapp 1,7 Millionen Unterrichtsstunden vertreten werden, mehr als 300.000 Stunden fielen ersatzlos aus, wie aus einer Antwort des Bildungsministeriums auf eine Anfrage aus der AfD-Landtagsfraktion hervorgeht. Das Ministerium erklärte, der Unterrichtsausfall sei kein flächendeckend auftretendes Problem, es gebe aber an einzelnen Schulen einen Vertretungsbedarf erheblich über dem Durchschnitt.

Landesschülerrat befürchtet Abschreckung

Die Schülerinnen und Schüler warnen davor, dass die zusätzliche Unterrichtsstunde potenzielle Lehrer verschrecken könnte, die dringend gebraucht werden. „Man macht damit den Beruf nicht attraktiver“, sagte der Sprecher des Landesschülerrates, Stefan Tarnow, der dpa. „Das ist für uns aktuell die größte Sorge.“ Er gehe auch nicht davon aus, dass die geplante Entlastung die zusätzliche Unterrichtsstunde voll ausgleichen werde.

Der Schülerratssprecher hält die Schulen generell für unterfinanziert. „Wir merken jeden Tag an den Schulen, dass das Geld hinten und vorn fehlt bei Personal und Ausstattung“, sagte Tarnow. Er kritisiert auch eine fehlende Information des Ministeriums über die zusätzliche Unterrichtsstunde: „Die Kommunikation ist gescheitert.“ Der 19-jährige Tarnow ist Schüler des Paul-Gerhardt-Gymnasiums in Lübben (Landkreis Dahme-Spreewald).

Gewerkschaft rechnet mit vollen Klassen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befürchtet zunehmende Probleme in den Schulen. „Wir haben im nächsten Schuljahr 3.000 Schüler mehr im System“, warnte der Landesvorsitzende Günther Fuchs. Damit würden die Klassen noch voller. „Normalerweise hätte man mehr Stellen zur Verfügung stellen müssen.“ Die GEW hat bereits Protestaktionen für Mai angekündigt.

In Brandenburger Schulen sind im vergangenen Jahr mehr als 300.000 Unterrichtsstunden ausgefallen (Archivbild).
In Brandenburger Schulen sind im vergangenen Jahr mehr als 300.000 Unterrichtsstunden ausgefallen (Archivbild).
picture alliance / ZB