Wahlen Wunden lecken nach der Wahl: Wie geht es weiter in der CDU?
So viel steht schon fest: Grün-Schwarz wird kein Modell für den Bund. Die Grünen bleiben deutlich hinter ihren Erwartungen zurück. Und die CDU fährt das nächste desaströse Ergebnis ein. Die Debatte über Konsequenzen hat bereits begonnen.
Stuttgart - Nach der Bundestagswahl herrschen bei Grünen und CDU im Südwesten Katerstimmung und Frust. „Die Enttäuschung ist natürlich groß“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Montag). Das Wahlergebnis stelle nicht zufrieden, auch wenn die CDU im Land über dem Bundestrend liege, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl den beiden Blättern.
Die CDU fällt im Südwesten auf ein Rekordtief von 24,8 Prozent. Ein Minus von 9,6 Punkten. Der Landesverband verlor noch stärker als die Bundespartei. Am Montagabend kommen Präsidium und Vorstand der Südwest-CDU in einem Hotel in Gerlingen zusammen - das Wahlergebnis dürfte kontrovers diskutiert werden. „Die CDU Baden-Württemberg muss sich in erster Linie inhaltlich erneuern, aber auch personell“, sagte bereits Christian Bäumler, Landeschef der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), der Deutschen Presse-Agentur. Am 13. November steht der Landesparteitag mit Vorstandswahlen an. Landesvorsitzender ist momentan Strobl, der auch Vize der Bundespartei ist.
Die hohen Verluste seien nicht verwunderlich, sagte Bäumler. „Die CDU hat nicht begriffen, dass man ohne das Thema soziale Gerechtigkeit keine Wahlen gewinnen kann.“ Es sei ein Fehler gewesen, den CDU-Wirtschaftsexperten Friedrich Merz in Baden-Württemberg so in den Vordergrund des Wahlkampfs zu stellen. „Wenn die CDU meint, nur eine aufgeblasene FDP zu sein, dann kommen wir nicht voran.“
Beim Ergebnis der Union habe klar die Schwäche der Bundespartei durchgeschlagen, sagte der Politikwissenschaftler Wolfgang Seibel von der Universität Konstanz. Auch mit Blick auf die Südwest-CDU müsse es nun einen Neubeginn geben. Landeschef Strobl sieht Seibel durch das CDU-Ergebnis in Baden-Württemberg klar geschwächt.
Das Ergebnis sei bitter für die Union, sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Andreas Jung. „Das bleibt weit hinter unseren Erwartungen zurück - da gibt’s nichts schönzureden“, sagte er dem Radioprogramm SWR Aktuell. Daraus erwachse aber nicht automatisch eine Oppositionsrolle für die Union. „Natürlich kann Opposition ein Ergebnis sein, ich würde es aber für falsch halten, jetzt Opposition als Ziel zu formulieren.“
Jung vertritt den Wahlkreis Konstanz und ist auch Teil des sogenannten „Zukunftsteams“ von Kanzlerkandidat Armin Laschet. Er warb für ein Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP - und verwies dabei auf Baden-Württemberg, wo Grüne und CDU bereits gemeinsam unter Kretschmann regieren.
Die Grüne Jugend im Südwesten hingegen sprach sich gegen einen Kanzler Laschet aus. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Laschet kein Kanzler wäre“, sagte Landessprecherin Sarah Heim am Montag. „Aus meiner persönlichen Sicht sehe ich mehr Möglichkeiten mit der Ampel. So oder so wird es aber schwierig.“ Es gehe bei den Gesprächen nun darum, was für den Klimaschutz vereinbart werden könne.
Ministerpräsident Kretschmann hatte am Sonntagabend zwar kein Ampelbündnis von SPD, Grünen und FDP im Bund gefordert, aber im ZDF gesagt, anders als ein Großteil seiner Partei sehe er die SPD nicht als natürlicheren Partner der Grünen an. Kretschmann hatte sich im Frühjahr nach der Landtagswahl gegen eine Ampel-Koalition mit SPD und FDP entschieden und für eine Fortsetzung von Grün-Schwarz. Entscheidend sei, dass ein Bündnis verlässlich und stabil sei. Eine Vorfestlegung wäre unklug: „Das ist nicht gut für die Preisbildung.“
Die Äußerungen von Kretschmann kämen nicht überraschend, sagte Heim. „Dass wir Differenzen mit dem MP (Ministerpräsidenten) haben, auch wenn es um Koalitionsfragen geht, ist kein Geheimnis.“ Sie hoffe, dass es nun darum gehe, welche Inhalte durchgesetzt werden könnten, „bevor man von Menschen, die viel zu sagen haben wie ein MP, Koalitionspräferenzen zu hören bekommt“.