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Proteste Zehntausende setzen Zeichen gegen rechts

Ob in Bremen, Hannover oder Braunschweig: Zehntausende waren auf den Straßen, um ihre Sorge vor einem Rechtsruck in der Politik zum Ausdruck zu bringen.

Von dpa Aktualisiert: 08.02.2025, 18:06
Aus Sorge vor einem Rechtsruck in der Politik sind in Hannover und anderen Städten Tausende von Menschen auf die Straßen gegangen.
Aus Sorge vor einem Rechtsruck in der Politik sind in Hannover und anderen Städten Tausende von Menschen auf die Straßen gegangen. Moritz Frankenberg/dpa

Hannover/Bremen - Zehntausende haben sich am Sonnabend in Niedersachsen und Bremen zu Kundgebungen und Protestaktionen gegen einen Rechtsruck getroffen. In Hannover kamen nach Polizeiangaben rund 24.000 Menschen in der Innenstadt zusammen, in Bremen waren es der Polizei zufolge sogar mehr als 35.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 

In Braunschweig versammelten sich nach Polizeiangaben rund 1.000 Menschen, im ostfriesischen Leer waren es etwa 1.500 Menschen. Auf dem Osnabrücker Marktplatz vor dem Rathaus versammelten sich der Polizei zufolge rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Nach Schätzung der Veranstalter „Omas gegen Rechts“ kamen dort unter dem Motto „Tanz für Toleranz“ bis zu 900 Menschen zusammen.

Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung

In Bremen sprachen die Veranstalter selbst sogar von mehr als 50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. „Bremen hat heute ein klares Zeichen gesetzt gegen Rassismus, Hetze und Ausgrenzung, gegen spalterische Politik, egal, von wem sie durchgesetzt wird“, sagte Mira Dieterle für die Organisatoren der Veranstaltung „Laut gegen Rechts“. 

Zuvor habe es in der Bremer Innenstadt unter dem Motto „Herz statt Hetze“ an 17 verschiedenen Orten Musik von Chören und Bands gegeben, sagte Dieterle. Das sei von der Initiative „Omas gegen Rechts“ organisiert worden.

Holocaust-Überlebender protestiert 

In Leer demonstrierten der Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg (99) zusammen mit dem Mannheimer Fotografen Luigi Toscano (52) und Hunderten Menschen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie. Weinberg und Toscano hatten zuletzt angekündigt, ihr Bundesverdienstkreuz und ihre Verdienstmedaille an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zurückgeben zu wollen, nachdem die Union mit Stimmen der AfD einen Bundestagsantrag zur Migrationspolitik durchgebracht hatte.

Weinberg und Toscano, der als Fotograf mit dem Erinnerungsprojekt „Gegen das Vergessen“ die Schicksale von Holocaust-Überlebenden dokumentiert, verfolgten die Kundgebung direkt vor der Bühne vor dem Leeraner Zollhaus.

Gespräch mit Bundespräsidenten geplant

„Dass mir das noch passieren kann mit fast 100 Jahren“, sagte Weinberg der Deutschen Presse-Agentur. „Unglaublich.“ Ihm sei es wichtig gewesen, zusammen mit seinem Freund Toscano zu kommen und ein Zeichen zu setzen. Er sei froh, dass sich so viele Menschen versammelt hätten. Anschließend nahm er im Rollstuhl sitzend an dem Demonstrationszug durch die Innenstadt teil.

Toscano sagte, in wenigen Tagen werde er ein vertrauliches Gespräch beim Bundespräsidenten in Schloss Bellevue haben. Er sei weiterhin fest entschlossen, seine Verdienstmedaille zurückzugeben. Auch mit Weinberg wolle Steinmeier sprechen, allerdings telefonisch. Ob und wie es zu einer Rückgabe seines Bundesverdienstkreuzes komme, sei noch offen.

2012 zurück nach Deutschland gekehrt

Weinberg überlebte die drei Konzentrationslager Auschwitz, Mittelbau-Dora im Harz, Bergen-Belsen bei Celle und mehrere Todesmärsche. Seine jüdische Familie wurde von den Nazis fast vollständig ermordet. 2012 kehrte er zusammen mit seiner Schwester aus den USA zurück in seine ostfriesische Heimat. Seitdem geht er in Schulen und berichtet Schülerinnen und Schülern von seinen Erinnerungen. Er wird in wenigen Wochen 100 Jahre alt.