Agrarland Niedersachsen Zikade gefährdet Kartoffelernte – CDU für Insektizide
Ein Insekt bereitet Kartoffel- und Zuckerrübenbauern Sorgen. Die Schilf-Glasflügelzikade überträgt Krankheiten, die zu empfindlichen Ertragseinbußen führen. Wie ernst ist die Lage in Niedersachsen?

Hannover - Erreger gefährden die Ernte heimischer Kartoffeln und Zuckerrüben – die CDU im niedersächsischen Landtag fordert deshalb eine Notfallzulassung von Insektiziden. Die Erreger werden von Zikaden übertragen. „Die Schilf-Glasflügelzikade ist ein Problem und sie wird auch bei uns zu einem Problem“, sagte der agrarpolitische Sprecher der Fraktion, Marco Mohrmann, der Deutschen Presse-Agentur. „Deshalb müssen wir uns sofort richtig aufstellen.“
Es gebe einige Insektizide, die wirkten und etwa schon im Weinbau zugelassen seien, bislang aber nicht im Kartoffel- oder Zuckerrübenanbau, sagte Mohrmann. Es sind vor allem diese beiden Pflanzen, an denen die Zikade saugt und sie dadurch mit zwei bakteriellen Krankheitserregern infiziert. Für Menschen sind die Bakterien ungefährlich, doch Kartoffeln und Rüben werden durch sie unverkäuflich und ungenießbar.
Das Landvolk Niedersachsen hatte bereits im vergangenen November gewarnt. Der Anbau sei durch die Zikade existenziell bedroht. In Süddeutschland kam es bereits zu teils massiven Ertragseinbußen. Auch der Deutsche Bauernverband fordert die Zulassung von Insektiziden und Saatgutbehandlung.
Zikade in Niedersachsen nachgewiesen
In Niedersachsen hat sich die Zikade noch nicht ausgebreitet, wie aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Mohrmann hervorgeht. Bei einem flächendeckenden Monitoring im vergangenen Jahr seien lediglich drei Einzeltiere gefunden worden, in den Landkreisen Helmstedt und Goslar.
Doch die Landesregierung macht in ihrer Antwort klar: „Bei der Schilf-Glasflügelzikade und den von ihr übertragenen Krankheiten handelt es sich um eine besonders außergewöhnliche und sehr besorgniserregende Befallssituation.“ Eine Ausbreitung hätte massive wirtschaftliche Folgen. Denn: Niedersachsen ist sowohl das größte deutsche Kartoffelanbaugebiet als auch die größte Anbauregion für Zuckerrüben.
Weitere Ausbreitung erwartet
Die Landesregierung rechnet mit einer weiteren Ausbreitung in Niedersachsen, wie es in der Antwort heißt. Für ein langsameres Tempo dabei sorgten niedrigere Temperaturen und Wind. Trotzdem sei eine flächendeckende Verbreitung der Zikade in einigen Jahren möglich.
Und was soll helfen? Die bakteriellen Erreger lassen sich bisher nicht direkt bekämpfen. Die Landesregierung verweist in ihrer Antwort auf Maßnahmen wie etwa Netze zum Schutz der angebauten Kulturen. Solche Netze könnten die Zikaden von Kartoffeln und Co. fernhalten, sie seien aber teuer.
Ein regulär zugelassenes Insektizid, das gegen die Zikade hilft, gebe es derzeit nicht. Prinzipiell sei eine Bekämpfung mit Insektiziden zwar denkbar. Allerdings sei der Zeitraum des Zikaden-Flugs sehr lang und die Übertragung der bakteriellen Erreger finde sehr schnell statt. Ein vollständiger Schutz und eine Verbesserung der Befallssituation im selben Jahr erschienen somit unwahrscheinlich.
Neue Züchtungsmethoden
Der Einsatz von Insektiziden sei nur eine kurzfristige Lösung, sagte Mohrmann. „Langfristig müssen wir uns für sogenannte neue Züchtungsmethoden öffnen.“ Die Idee ist, dass man das Saatgut mit einer Krankheitsresistenz züchtet – beispielsweise mit dem Verfahren CRISPR/Cas.
Dahinter verbirgt sich laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ein molekularbiologisches Werkzeug, das die Züchtung von Nutzpflanzen präziser, schneller und günstiger macht. Das neue Verfahren sei jedoch umstritten: Für Kritiker sei es bloß eine weitere Form ungewollter Gentechnik, für Befürworter dagegen eine Revolution in der Pflanzenzüchtung.