Land plant härtere Auflagen für Glücksspiel mit Automaten / Bestandsschutz für bestehende Einrichtungen Abschalten: Sperrstunde für Spielhallen
Sachsen-Anhalt regelt das Glücksspiel neu. Vor allem Spielhallenbetreiber müssen sich auf härtere Auflagen einstellen.
Magdeburg l Nico S. gerät ganz allmählich in die Sucht. Mit 17 wirft der heute 30-Jährige ein Zweimarkstück in einen Spielautomaten, knackt prompt den Jackpot und gewinnt mehrere Hundert D-Mark. Ab da lässt das Spiel den Wernigeröder nicht mehr los, immer öfter sitzt er in der Spielothek und zockt. "Mit 22 war mir klar, ich stecke in Schwierigkeiten. Aber ich wollte das alleine schaffen", denkt Nico S. zurück. Doch erst 2011, nachdem er mehr als 100000 Euro verspielt und alle Freunde verloren hat, geht er zur Suchtberatung und absolviert eine Therapie. Das Verlangen sei noch da, aber er bekäme das in den Griff, sagt Nico S. "So wie damals möchte ich nicht mehr leben."
Wie er sind 10000 Sachsen-Anhalter süchtig nach Spielen, schätzt die BzGA (siehe Infokasten). Bei Lotto, Sport- und Pferdewetten, mit Losen, Poker oder am Spielautomaten holen sie sich den Kick - und geraten schnell in die Abhängigkeit. "Spieler sind nicht charakterschwach, sondern krank", weiß Katrin Dobbert, Suchtberaterin der Stadtmission in Magdeburg. Zu ihr kommen meist junge Männer. Sie verfallen vor allem Automaten, weil diese durch sekundenschnelle Spielabfolge, Geräusche und optische Signale die Erregung anfeuerten, sagen Experten.
Bislang fielen die Automaten jedoch unter Unterhaltungs- und nicht unter Glücksspiel. Das kritisierte der Europäische Gerichtshof: Er forderte Deutschland in einem Urteil auf, Glücksspielarten, die nicht wie Lotto unter staatliches Monopol fielen, aber ein höheres Suchtpotenzial haben, genauso streng zu regeln. Die Länder, mit Ausnahme Schleswig-Holsteins, einigten sich im vergangenen Dezember darauf, den auslaufenden Glücksspielstaatsvertrag inhaltlich zu ändern und die Landesgesetze entsprechend anzupassen.
Die Änderungen betreffen neben Pferde- und Sportwetten sowie Spielbanken vor allem Spielhallen. Deren Betreiber müssen sich auf härtere Auflagen einstellen. So sind künftig mehrere Spielhallen in einem Gebäude untersagt, sie müssen mindestens 200 Meter Luftlinie Abstand von anderen Hallen sowie zu Kitas und Schulen entfernt sein. EC-Automaten in Spielhallen sind nun verboten, die Betreiber müssen ein Sozialkonzept schreiben. Spielhallen dürfen nicht mehr von außen einsehbar sein, müssen mindestens drei Stunden schließen und auffällige Spieler vom Spiel ausschließen. Bestehende Spielhallen haben jedoch bis zu fünf Jahre Bestandsschutz.
Während die Regelungen vielen Landtagsabgeordneten noch nicht weit genug gehen, hält der Verband der Automatenkaufleute Berlin und Ostdeutschland das neue Gesetz für eine Überregulierung. Scheinheilig sei das Argument, man wolle das pathologische Spiel beka¨mpfen. "Die Leute ho¨ren doch deshalb nicht auf zu spielen. Viele Spieler werden ins unkontrollierte Internet oder in sogenannte Hinterzimmer abwandern", so ein Vertreter.
Der Landtag will das Gesetz nun zügig in den Ausschüssen beraten, denn schon am 1. Juli 2012 soll es in Kraft treten. Seite 5-