Rechtsstreit AfD liegt mit Lotto über Kreuz
Die AfD-Fraktion sieht Vetternwirtschaft bei der Lotto-GmbH und stellt Strafanzeige. Deren Chefin weist die Vorwürfe zurück.
Magdeburg l Woche für Woche versuchen Tausende Tipper ihr Glück. Fast 200 Millionen Euro nimmt Sachsen-Anhalts Lotto-Gesellschaft im Jahr ein. Die meisten Gelder gehen an Gewinner und Landeskasse - gut sechs Millionen Euro fließen in gemeinnützige Projekte. Und damit an Paritätischen Wohlfahrtsverband, DRK, Volkssolidarität und andere. Einige geben auch Geld für Werbemittel aus: Flyer, Bilder, Broschüren. Aufträge gehen auch an die Agentur „ISA i motion“. Chef der Agentur ist der Lebenspartner von Lotto-Geschäftsführerin Maren Sieb. Sieb selbst hatte die Agentur 2008 gegründet. 2012 wurde sie Lotto-Chefin. Danach übernahm ihr Partner die Werbe-Geschäfte.
Gelder von Lotto - und Aufträge an die Agentur: Die AfD-Fraktion sieht ein strafbares Dreiecks-Geschäft. Sie stellte bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg Anzeige gegen die Lotto-Chefin. „Es gibt Anhaltspunkte, die auf dubiose Verstrickungen hindeuten“, sagte AfD-Finanzer Robert Farle.
Lotto-Chefin Sieb weist die Vorwürfe vehement zurück. „Wir prüfen eine Gegenanzeige.“
Sieb betont, dass ihr Einfluss bei der Geldvergabe bescheiden ist. Für jeden Lotto-Fördergeldantrag werde zuerst das Votum des zuständigen Ministeriums eingeholt. Ab 15.000 Euro gehen die Anträge zudem an einen Beirat (da sitzen Landespolitker drin), und abschließend entscheidet der Aufsichsrat. Bei Begehren unter 15.000 Euro entscheidet die zweiköpfige Geschäftsführung. Aber Geld fließe nur, wenn das Ministerium dafür votiert, sagt Sieb.
Doch was ist mit den Aufträgen an die Firma ihres Partners? Sieb sagt, die meisten Verbände seien schon Kunde gewesen, als sie noch Inhaberin war. Ihr Wechsel zu Lotto „war kein Anlass, die Geschäftsphilosophie zu verändern oder Kundenbeziehungen einzufrieren“.
Bei den anderen Parteien herrscht Schweigen bis Zurückhaltung. Lotto-Aufsichtsratschef Thomas Webel (CDU) war für eine Reaktion nicht erreichbar. Lotto-Beirat Steffen Gebhardt (Linke): „Ich sehe keinen Erklärungsbedarf“.
Einige können „sich aber denken“, woher der Angriff kommt. Von Jan Wenzel Schmidt von der AfD. Der Landtagsabgeordnete war selbst mal Lotto-Verkäufer, sitzt jetzt im Lotto-Beirat und kennt das Geschäft. 2018 war in Magdeburg eine Lotto-Bezirksleiterstelle frei. Wenzel bewarb sich - und wurde nicht genommen. Einige vermuten nun einen Rachefeldzug Wenzels gegen die Lotto-Chefin.
Wenzel streitet die gescheiterte Bewerbung nicht ab. Den Zuschlag erhielt damals eine Frau. Wenzel hielt sich sowie einen weiteren Bewerber für die fachlich Besseren. Er vermutet Gemauschel, sammelte Material. Am Donnerstag stellte die AfD Strafanzeige.
Die Lottogeld-Empfänger und gleichzeitigen ISA-Kunden sind entsetzt. Beim DRK hieß es, da würden Dinge vermischt. Gelder bekomme der Landesverband - jeder Kreis sei aber frei, sich eine Agentur zu suchen. Der Verband Börde ist Kunde bei „ISA“. Auch Eva Buder von der Volkssolidarität sieht „überhaupt nichts Anrüchiges“ - man vergebe Aufträge schließlich an viele Agenturen. Beim Paritätischen steht dessen Tochter PSW im Fokus der AfD. Das Sozialwerk bekam Lottogeld für ein Familienfest. Anja Naumann, Landeschefin des Paritätischen, macht die Anzeige wütend: „Bei welcher Agentur wir Aufträge schalten, geht die AfD überhaupt nichts an.“