AFD Poggenburg-Vertraute werfen hin
André Poggenburg tritt nächste Woche als AfD-Parteichef in Sachsen-Anhalt zurück. Ein möglicher Nachfolger ist in Sicht.
Magdeburg l Poggenburg hatte Anfang März seinen Rücktritt als Landes- und Fraktionschef erklärt. Zuvor war er deutschlandweit in die Kritik geraten, weil er in seiner Aschermittwochsrede die türkische Gemeinde in Deutschland als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“ bezeichnet hatte.
Voraussichtlich im Juni soll ein neuer Landesvorstand gewählt werden. Momentan wird in der AfD immer wieder ein Name für den Parteivorsitz gehandelt: Martin Reichardt, seit 2017 im Bundestag. „Er hätte meine Unterstützung“, sagte Noch-Landeschef Poggenburg der Volksstimme. Auch in den Reihen von ausgewiesenen Poggenburg-Gegnern genießt Reichardt viel Sympathie. Beim AfD-Landesparteitag im Januar wurde Ex-Bundeswehroffizier Reichardt, zackig und stimmgewaltig, mit stürmischem Applaus bedacht. Er gilt als Zögling Poggenburgs und ist derzeit Liebling der Partei.
Reichardt hat sich öffentlich noch nicht zu einer möglichen Kandidatur geäußert. Gestern war er nicht erreichbar. Der gebürtige Goslarer, der seit 17 Jahren in Hermsdorf (Landkreis Börde) wohnt, hat schon eine bewegte politische Vergangenheit hinter sich. Er war bereits Mitglied in der SPD, bei den Republikanern und bei der FDP. Seit 2015 ist in der AfD.
Poggenburg sagte, in der AfD werde „sehr wahrscheinlich“ der Posten eines Generalsekretärs neu geschaffen. Dieser sollen den künftigen Landesvorsitzenden entlasten, etwa bei parteiinternen Streitigkeiten. Bislang hat in Sachsen-Anhalt mit dem Europaabgeordneten Sven Schulze nur die CDU einen Generalsekretär.
Neben dem Parteivorsitz werden indes mindestens zwei weitere Posten im Landesvorstand frei. Der Landtagsabgeordnete Mario Lehmann – im Parlament durch krawallige Reden („Ficki-Ficki-Fachkräfte“) aufgefallen – hat seinen Rückzug erklärt. Und auch dessen Tochter Lisa Lehmann will nicht mehr für einen Vorstandsposten antreten. Das bestätigte Poggenburg.
Hintergrund ist, dass seit Monaten der Vorwurf der Vetternwirtschaft erhoben wird. Denn: Lisa Lehmann ist mit Poggenburg liiert. Der wiederum hatte seine jetzige Lebensgefährtin als Auszubildende in die Landtagsfraktion geholt. Poggenburg weist den Vorwurf der Vetternwirtschaft zurück. In Teilen der Partei wird die Geschichte allerdings kritisch gesehen.
Poggenburg sagte, er strebe im Landesvorstand keinen neuen Posten an. Er beteuerte, er habe weiter die Rückendeckung der Partei. „Würde ich erneut antreten, bekäme ich eine Zwei-Drittel-Mehrheit“, sagte er.
Für seine Aschermittwochsrede habe er zu 90 Prozent positive Zuschriften aus der Mitgliederschaft bekommen, sagte Poggenburg. Allerdings sei von außen ein „Bedrohungsszenario“ aufgebaut worden, das bei einzelnen Parteimitgliedern und auch in der Fraktion verfangen habe. Damit spielt er auf die Debatte einer möglichen Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz an, die nach Poggenburgs Rede neu entbrannt war.
Nächsten Dienstag wählt die AfD-Landtagsfraktion einen neuen Vorstand. Im Zusammenhang mit der Aschermittwochsrede hatte Poggenburg auch seinen Rücktritt vom Fraktionsvorsitz erklärt. Oliver Kirchner, zurzeit 1. Stellvertreter, hat seine Bereitschaft erklärt, dieses Amt zu übernehmen. Weitere Kandidaten seien bislang nicht bekannt, bestätigte eine Fraktionssprecherin am Freitag.
Kirchner gilt als Poggenburg-Anhänger. Der Magdeburger ist Mitglied der ultrarechten Patriotischen Plattform, auf die auch schon der Verfassungsschutz ein Auge geworfen hat.
In einer internen WhatsApp-Gruppe hatte der 51-Jährige ein arg gestörtes Verhältnis zur Presse offenbart. „Irgendwann sollte man Herrn Richter vom Deutschlandfunk den Schlips mal etwas enger ziehen“, schrieb er. Ein anderes Mal lud er auf Facebook dazu ein, an eine Moschee zu urinieren.
Poggenburg selbst hält sich offen, ob er in anderer Funktion für den neuen Fraktionsvorstand kandidiert. Er schloss nicht aus, einen Vize-Posten zu übernehmen – „wenn das gewünscht ist“. Das passt zu Äußerungen Poggenburgs gleich nach seinen Rücktritten. Er sehe das „alles als etwas temporär“ an, sagte er. „Ich bin für die AfD nicht verloren.“