AfD-Allianzen André Poggenburg rechnet mit Gegnern ab
Nach seinem Rückzug aus dem rechten "Flügel" berichtet Sachsen-Anhalts ehemaliger AfD-Chef von Loyalitätsproblemen in den eigenen Reihen.
Magdeburg l Lange Zeit war Poggenburg das Gesicht der AfD in Sachsen-Anhalt. Nach einer Aschermittwochsrede, bei der er die türkische Gemeinde als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“ bezeichnet hatte, trat der 43-Jährige als Landes- und Fraktionschef zurück. Jetzt hat er auch dem „Flügel“ den Rücken gekehrt. Dort hatte Poggenburg mit Björn Höcke, AfD-Fraktionschef in Thüringen, eine Doppelspitze gebildet.
Poggenburgs Schritt lässt tiefe Zerwürfnisse innerhalb der AfD erkennen. Er selbst räumt im Volksstimme-Gespräch ein: „Das Lagerdenken in der AfD hat destruktiv überhand genommen. Es geht dabei meist um persönliche Befindlichkeiten.“
Poggenburg-Gegner erzählen die Geschichte so: Er habe sich mit den Gemäßigteren in der Partei verbündet. Die haben sich in der „Alternativen Mitte“ zusammengeschlossen. Der rechte „Flügel“ beäugt diese Strömung argwöhnisch. Auf dem Landesparteitag im Juni traten mehrere „Flügel“-Vertreter wie Hans-Thomas Tillschneider, Chef der „Patriotischen Plattform“, oder der Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann zur Wiederwahl in den Landesvorstand an – und rasselten durch. „Flügel“-Leute berichten mit dem Brustton der Überzeugung, Poggenburg habe sich mit der „Alternativen Mitte“ arrangiert und ihr geholfen, eigene Kandidaten durchzubringen. In „Flügel“-Kreisen ist die Rede von „Hochverrat“, der geahndet worden sei.
Für Poggenburg ist diese Schilderung „völliger Quatsch“. Er bestreitet aber nicht, dass er Tillschneider, Pasemann und auch dem Landeschef der Jungen Alternative, Jan Wenzel Schmidt, die Unterstützung versagt habe. Dieser „Dreier-Clique“ bescheinigt er „charakterliche Defizite“. Sie hätte in der Vergangenheit gegen ihn gearbeitet. Er spricht von einem „großen Loyalitätsproblem in den eigenen Reihen.“
Pasemann, der als Landesschatzmeister nicht wiedergewählt wurde, habe zudem „fachliche Defizite“. Der Magdeburger unterlag beim Parteitag Kassenprüferin Andrea Mähnert. Mit einem zweiten Prüfer hatte diese zuvor fehlende Belege, mangelhafte Buchhaltung und arrogantes Verhalten Pasemanns bei der Rechnungsprüfung kritisiert. Der Parteitag versagte dem Landesvorstand die Entlastung. Bei der Bundes-AfD ist Pasemann nach wie vor stellvertretender Schatzmeister.
Poggenburg erklärt seinen Ausstieg aus dem „Flügel“ ganz anders als seine Widersacher. Er lehne die Gründung eines „Flügel-Vereins“ ab, sagt er. Hintergrund: Neuerdings gibt es den „Verein Konservativ!“ Schon im Juni wurde mitgeteilt, dass Spenden für das alljährliche Großereignis des „Flügels“, das Kyffhäusertreffen auf Schloss Burgscheidungen, auf einmal auf das Konto dieses Vereins gehen sollten. „Lange galt für uns, dass der Flügel eine Gemeinschaft und ein Netzwerk Gleichgesinnter bleibt – aber ohne Satzung und Statuten“, sagt Poggenburg. Und fügt hinzu: „Ich möchte keine Partei in der Partei.“
Poggenburg kritisiert, der innere Kern des „Flügels“ habe sich verändert. Verbunden sei dies mit der „Einflussnahme völlig neuer Beteiligter und großer Vertrauenseinbuße auf dieser Ebene“. Namen nennt er nicht. Sein Verhältnis zu Höcke hält er für nicht belastet. „Da ist kein böses Blut“, beteuert er.
Welche Rolle aber wird Poggenburg künftig spielen? Schon wird gemutmaßt, dass er eine eigene AfD-Gruppierung gründet. „Ein verlockender Gedanke“, meint der Ex-Chef. „Das ist aber momentan ausgeschlossen.“ Zunächst wolle er sich dafür einsetzen, die Strömungen zusammenzuführen. In der Partei gebe es den „Ruf nach einer geeinten Mitgliederschaft, die sich gern thematisch streiten soll, aber nicht persönlichen Feindschaften und Lagerkämpfen erliegt“, sagt er.