Kündigungsdebatte AfD wirft Awo Diskriminierung vor
Die Arbeiterwohlfahrt (Awo) erwägt Kündigungen von Mitarbeitern mit AfD-Parteibuch - das hält ein Arbeitsrechtler für „bedenklich“.
Magdeburg l Die Ankündigung der Arbeiterwohlfahrt (Awo), bei Mitarbeitern mit AfD-Parteibuch eine Kündigung zu prüfen, stößt auf heftige Kritik. AfD-Landeschef André Poggenburg wirft dem Verband eine „Bedrohung politisch Andersdenkender“ vor. Die AfD werde diffamiert, erklärte er. „Besonders fantastisch wirkt die Tatsache, dass die Awo einerseits unsere demokratischen Werte durch die AfD bedroht sieht, dem dann aber dadurch begegnen will, dass sie Mitglieder einer demokratisch gewählten Partei feuern möchte. Besser und undemokratischer hätte sich die Führung der Awo nicht selbst entlarven können.“
Am Freitag hatte der Awo-Landesverband erklärt, dass führende Personen der AfD wiederholt „mit völkischen Parolen“ Stimmung gegen schutzsuchende Menschen machen würden. Dies stehe im unvereinbaren Widerspruch zu den Awo-Grundwerten wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz. Deshalb wolle man der AfD „aktiv entgegentreten und ihr Gedankengut bekämpfen“. Bei Mitarbeitern, die sich rechtsextrem, rassistisch oder menschenverachtend äußern würden, sei eine Kündigung anzustreben.
Der Awo-Bundesverband verteidigte am Montag das Vorgehen. „Wir bespitzeln unsere Mitarbeiter nicht. Aber wenn wir erfahren, dass sie Mitglieder oder Sympathisanten der AfD sind, hinterfragen wir das in einem persönlichen Gespräch“, sagte eine Sprecherin der Volksstimme. Wer bei der Awo arbeite, müsse auch deren Werte vertreten.
Wolfgang Schuth, Geschäftsführer der Awo in Sachsen-Anhalt, bestätigte auf Anfrage der Volksstimme, dass es in Sachsen-Anhalt zuletzt mehrere Mitarbeitergespräche aufgrund von menschenverachtenden Aussagen gegeben habe. „Ein Awo-Mitglied, dass sich rechtsradikal geäußert hat, haben wir ausgeschlossen“, sagte Schuth. Grundsätzlich diskriminiere man aber keine Partei, sondern distanziere sich von „einer bestimmten Haltung“. Den Vorwurf, dass AfD-Mitglieder unter Generalverdacht gestellt würden, weist der Geschäftsführer zurück. „Es fällt auf, dass man rassistische und menschenverachtende Äußerungen bei der AfD häufiger antrifft als bei den anderen Parteien im Parlament“, sagte Schuth. Die Vereinbarkeit einer Beschäftigung bei der Awo und eine Mitgliedschaft in der AfD müsse aber im Einzelfall geprüft werden, so der Geschäftsführer.
Der Magdeburger Rechtsanwalt Ludwig Jorkasch-Koch hält das Vorgehen der Awo für „bedenklich“. „Niemandem darf aufgrund einer Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Partei mit einer Kündigung gedroht werden“, sagt der Arbeitsrechtler. Eine Kündigung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn durch die politische Betätigung die Arbeit beeinflusst werden würde. „Die Kündigung ist auch dann unzulässig, wenn sich beispielsweise der Arbeitnehmer in seiner Freizeit an Aufmärschen oder rechten ‚Gedenkfeiern‘ beteiligt – jedenfalls solange dies keine Auswirkungen auf seine Arbeitsleistung hat“, sagt Jorkasch-Koch. Auch Äußerungen in sozialen Netzwerken wie Facebook seien grundsätzlich Privatsache. „Lediglich wenn sich der Mitarbeiter im Internet rassistisch äußert und dies zu Diskussionen und Unfrieden im Betrieb führt, kann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein“, sagt der Anwalt.
Im vergangenen Jahr hatte die Awo eine Mitarbeiterin in Thüringen entlassen, nachdem sie sich auf Facebook ausländerfeindlich geäußert hatte. Die Mitarbeiterin in der Altenpflege hatte eine Straftat angekündigt, indem sie schrieb: „Irgendwann wird es eh so kommen dass man hinz und kunz aufnehmen muss. dank meiner medizinischen Ausbildung wird bei mir keiner überleben.“