Kontroverse um Tourismusprojekt Schierke im Wirtschaftsausschuss des Landtags Alpin-Ski oder Pferdeschlitten
Harzer Kommunalpolitiker haben das Tourismusprojekt für Schierke gestern im Landtag vorgestellt. 36 Millionen Euro sollen fließen. Das Vorhaben findet viel Zustimmung, umstritten bleiben aber die alpinen Anlagen mit Kunstschnee.
Magdeburg l Der Brocken zieht jährlich eine Million Touristen an, der Nationalpark ist ein Markenzeichen - nur Schierke, die einstige Tourismusperle, glänzt schon lange nicht mehr. Gehobene Hotellerie? Fehlanzeige. Peter Gaffert, parteiloser Bürgermeister von Wernigerode, will den 2009 eingemeindeten Ort wieder aufpolieren. Da viel Steuergeld fließt, wollte sich der Wirtschaftsausschuss gestern ein Bild machen und lud zur Anhörung. Gaffert präsentierte die bis 2018 geplanten Vorhaben: Neue Straßen, Parkhaus, Kurpromenade, eine Seilbahn zum Winterberg mit Zugang zu den alpinen Skihängen im benachbarten Braunlage. Das Projekt ist so ambitioniert wie viel diskutiert - vor allem wegen der Alpin-Skianlage, die im Mittelgebirge oft auch künstlich erzeugten Schnee benötigt, damit Gäste kommen und die Kassen klingeln. Gaffert, einst Nationalparkchef, meinte: "Die schöne Natur allein reicht den meisten Besuchern nicht aus."
Sein Nachfolger Andreas Pusch aber sieht im Alpin-Skisport keine Zukunft: "Die Auswirkungen der Erderwärmung sind auch durch Beschneiungsanlagen nicht aufzuhalten." Ihn stützte Carmen de Jong, deutsche Hydrologie-Professorin und international forschende Schneekanonen-Gegnerin: In Schierke sei es zu warm und zu feucht, um genügend Schnee zu produzieren. Für eine von Gutachtern prognostizierte 120-Tage-Saison würde es wohl nicht reichen. Sie empfahl, stattdessen Wanderwege besser auszubauen und Nischen-Angebote wie Pferde- und Eselstouren zu unterbreiten. In der Alpenregion hätten sich die ersten Gebiete touristisch gewandelt und vom Alpin-Ski verabschiedet. Gaffert entgegnete: "Wenn sich in den Alpen drei Skigebiete verabschieden, haben die Leute aber noch 117 zur Auswahl. Hier im Harz haben wir entweder eines oder gar keins." Carola Schmidt, Geschäftsführerin des Harzer Tourismusverbandes, meinte, dass ja nichts Gigantisches geplant sei: Schierke wolle kein neues Skiareal schaffen, sondern lediglich mit der Seilbahn den Anschluss zum vorhandenen Gebiet in Braunlage herstellen.
Die Fraktionen bewerten das Vorhaben unterschiedlich. Ulrich Thomas (CDU) stützt es voll, da der Tourismus viele Arbeitsplätze schaffe. Ronald Mormann (SPD) sieht in den Plänen eine große Chance. Christoph Erdmenger (Grüne) erkennt gute Ansätze - wie etwa ein Eisstadion - hält Skiabfahrten aber für unrealistisch. Frank Thiel (Linke) meinte, die Aufwertung Schierkes sei richtig, allerdings solle man sich nicht auf den Alpinsport versteifen und Ganzjahresangebote unterbreiten.