Landwirtschaft Angst vor Mäuseplage in Sachsen-Anhalt
Die Bauern in Sachsen-Anhalt fürchten um ihre Ernte. Ein viel genutztes Nager-Gift ist in weiten Landesteilen ganzjährig verboten.
Magdeburg l Bauern in Sachsen-Anhalt machen gegen neue Auflagen zur Mäuse-Bekämpfung auf Äckern mobil: Ein viel genutztes Nager-Gift ist in weiten Landesteilen ganzjährig nicht mehr zugelassen. Bauernverbände warnen vor Feldmausplagen mit hohen Ernteverlusten. Von den Auflagen betroffen sind sogenannte Rodentizide mit dem Wirkstoff Zinkphosphid. Das Bundesamt für Verbraucherschutz (BVL) hat die Mäuse-Gifte 2018 zwar erneut zugelassen, allerdings mit Auflagen: Gebiete mit schützenswerten Arten sind auszuklammern.
Die Vorgaben haben es in sich. Ausnahmslos verboten ist der Einsatz demnach in Vogel- und Naturschutzgebieten, auf Rastplätzen von Zugvögeln während des Vogelzugs und in Gebieten, in denen Feldhamster vorkommen. Grund: Zinkphosphide schädigen neben den Mäusen möglicherweise auch geschützte Nagetiere oder etwa rastende Kraniche. In Sachsen-Anhalt gibt es nun besonders viele Gebiete, in denen solche Arten vorkommen. Die Folge: Der Einsatz der Gifte ist künftig auf einem Großteil der Landesfläche ganzjährig verboten.
Sachsen-Anhalts Bauernverband warnt vor gravierenden Folgen der Auflagen bis hin zu einer „explosionsartigen Vermehrung von Feldmäusen“. Das Verbot könne dazu führen, dass Bauern das einzig verbliebene Mittel genommen werde, Feldmäuse zu bekämpfen, sagte Sprecher Erik Hecht.
Bilder von komplett ruinierten Getreidebeständen und stark beschädigten Rüben in den Jahren 2012 und 2015 – hervorgerufen durch Feldmausschäden seien noch sehr präsent. Dass die Mittel andere Tiere schädigen, bezweifelt der Verband und begründet das mit dem Vorgehen beim Ausbringen des Gifts: Die Köder werden demnach mit speziellen Geräten (Legeflinten) in Mäusegänge eingebracht. Einwirkungen auf andere Arten seien bei korrektem Einsatz in der Vergangenheit nicht bekannt, sagte Hecht.
Der Bauernbund, Sprachrohr für 400 landwirtschaftliche Familienbetriebe, äußerte sich ähnlich. Mäuseplagen in vergangenen Jahren hätten bis zu 40 Prozent Ertragsschäden verursacht, sagte Präsident Jochen Dettmer. Dettmer kritisiert zudem die Festlegung der vom Verbot betroffenen Gebiete. „Offenbar fehlt eine Dokumentation der Datenbasis.“ Die CDU-Fraktion pocht derweil auf Ausnahmeregelungen. „Im Fall einer Plage muss die Bekämpfung möglich sein“, sagte Agrarexperte Bernhard Daldrup. Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert (Grüne) sieht er in der Pflicht, mit dem zuständigen Bundesamt nachzuverhandeln. Annette Leipelt, Geschäftsführerin beim Naturschutzbund (Nabu) Sachsen-Anhalt, hat Verständnis für die Bauern, kann die Vorgaben aber nachvollziehen: „Solange nicht auszuschließen ist, dass Arten wie der Hamster durch die Gifte Schaden nehmen, sollten die Behörden auf Nummer sichergehen“, sagte sie.
Der streng geschützte Feldhamster hat in Sachsen-Anhalt eines seiner letzten Hauptverbreitungsgebiete in Mitteleuropa. Laut Umweltministerium sind die Bestände bundesweit in den vergangenen 15 Jahren stark geschrumpft. Im Kampf gegen Mäuse verweist das Ministerium auf Alternativen wie das Aufstellen von Sitzstangen für Greifvögel oder das schnelle Entfernen von Getreideresten nach der Ernte.