Antisemitismus Halle-Attentat war Angriff "auf uns alle"
Im Prozess um den Anschlag von Halle hat die Anklage als "einen der widerwärtigsten antisemitischen Akte seit dem 2. Weltkrieg" bezeichnet.
Magdeburg (dpa) l Der Attentäter habe nicht nur Gäste der Synagoge in Halle angegriffen, sondern das jüdische Leben in Deutschland insgesamt, sagte Bundesanwalt Kai Lohse in seinem Plädoyer am Mittwoch. "Damit zielte der Täter auf uns alle, denn das jüdische Leben ist ein unverzichtbarer Teil unseres Landes", so der Ankläger.
Zuvor hatte die vorsitzende Richterin Ursula Mertens die Beweisaufnahme am 21. Prozesstag geschlossen und Lohse das Wort für seinen Schlussvortrag erteilt. Im Prozess sei es dem Gericht gelungen, den Opfern genug Raum zu geben, ohne die Rechte des Angeklagten zu beschneiden oder das juristische Ziel des Verfahrens, die Feststellung der Schuld, aus den Augen zu verlieren. "Der Angeklagte hat hier keine Bühne erhalten, menschenverachtende Ideologien zu verbreiten", sagte Lohse. "Gleichwohl wurden seine Rechte gewahrt und niemand wird behaupten können, dass dies kein fairer Prozess war."
Am 9. Oktober 2019 hatte ein Terrorist versucht, 51 Menschen zu töten, die in der Synagoge von Halle den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur feierten. Er scheiterte an der massiven Tür, erschoss daraufhin eine Passantin, später einen jungen Mann in einem Döner-Imbiss und verletzte weitere Menschen. Der 28-jährige Deutsche Stephan Balliet hat die Taten gestanden und mit antisemitischen, rassistischen Verschwörungstheorien begründet. Seit Juli läuft vor dem OLG Naumburg der Prozess, der aus Platzgründen in Magdeburg stattfindet.
Schon das Plädoyer der Bundesanwaltschaft zog sich am Mittwoch über mehrere Stunden hin, unter anderem weil Mertens die Sitzung rund alle 45 Minuten unterbrach, um zu lüften. Nach der Anklage sollten noch die Verteidigung und die 21 Nebenklage-Anwälte plädieren. Das Gericht ging davon aus, dass dafür mehrere Tage nötig sind.