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Beitragserhöhung Rundfunkstreit: "Lassen uns nicht erpressen"

Michael Bock sprach mit Sachsen-Anhalts CDU-Generalsekretär Sven Schulze über die derzeit hitzige Debatte um den Rundfunkbeitrag.

25.11.2020, 05:36

Volksstimme: Herr Schulze, der Streit um den Rundfunkbeitrag schlägt hohe Wellen. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Die Fronten sind zurzeit sehr verhärtet. Aber es bleibt noch etwas Zeit bis zur Landtagssitzung im Dezember.

SPD, Grüne und Linke sind für die Gebührenerhöhung. Inzwischen hat sich sogar die SPD-Bundesspitze eingeschaltet. Generalsekretär Lars Klingbeil wirft der Union vor, sich mit der AfD zu verbünden. Wird die CDU in Sachsen-Anhalt letztlich doch für die Gebührenerhöhung stimmen?
Nein! Ganz klar: Die CDU wird nicht umfallen. Wir lassen uns in dieser Frage nicht erpressen. Von niemandem. Fraktion und Partei stehen hier geschlossen zum Koalitionsvertrag. Darin haben sich CDU, SPD und Grüne auf stabile Beiträge geeinigt und nicht auf eine Erhöhung.

Der Stabilitätsbegriff kann nicht zu einer „Erhöhung um 86 Cent“ umgedeutet werden. Ein Inflationsausgleich ist im Koalitionsvertrag ausdrücklich nicht vereinbart und würde auch dem Verfahren der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten also, widersprechen.

Dieses Verfahren sieht gerade keinen Automatismus vor und erst recht keine Indizierung des Rundfunkbeitrags. Es geht hier auch um Glaubwürdigkeit.

Das würde aber bedeuten, dass CDU und AfD zusammen den Rundfunkbeitrag kippen. Die CDU würden sich vor Landtags- und Bundestagswahlen dem Vorwurf aussetzen, mit einer in Teilen rechtsextremen Partei gemeinsame Sache zu machen. Was sagen Sie dazu?
Jeder im Landtag weiß, dass dieses Argument gegen uns in diesem Fall vollkommen falsch und auch unehrlich ist. Schon seit mehr als zehn Jahren, also lange bevor es die AfD überhaupt gab, mahnen wir Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an.

Wir fordern auch eine stärkere Berücksichtigung unserer Heimat, also Ostdeutschlands. Und: Uns ist eine realistische Berechnung der Gebühren wichtig, inklusive der Auswirkungen von Corona.

Unterm Strich aber würden CDU und AfD einen Beschluss verabschieden, der bundesweit über Monate die Politik beschäftigen würde.

Das Stimmverhalten wäre gleich. Allerdings: Die AfD will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen, wir aber wollen Reformen. Das ist ein himmelweiter Unterschied.

Im Landtag wollen SPD, Grüne und Linke zusammen für eine Erhöhung stimmen. Wird da eine rot-rot-grüne Regierung nach der Landtagswahl im Juni 2021 vorbereitet?
Gut möglich, dass da im Hintergrund einiges läuft. Vor allem das Verhalten von Linken und SPD sollte sich jeder Bürger mal ganz genau anschauen. Die Linken waren lange gegen eine Gebührenerhöhung. Dann kamen sie plötzlich auf die Idee, eine 180-Grad-Drehung zu vollziehen. Das Kalkül ist klar: Die Linken wollen die CDU ganz bewusst in die Nähe der AfD rücken. Das ist eine mehr als peinliche Aktion.

Sachsen-Anhalts SPD hat nicht nur den Koalitionsvertrag völlig vergessen. Die Sozialdemokraten im Land haben jetzt auch noch das Problem, dass Berlin mit SPD-Generalsekretär Klingbeil ohne Kenntnis der Lage die Abstimmung zum Rundfunkbeitrag politisch ausnutzen will.

Was sagen Sie denn zu den Vorwürfen von SPD-Generalsekretär Klingbeil?
Ich stelle mich da als Generalsekretär hinter jeden einzelnen Abgeordneten der CDU-Landtagsfraktion. So zu tun, als hätten die Kollegen tagtäglich nichts Besseres zu tun als zu überlegen, was man am besten mit der AfD gemeinsam gegen SPD und Grüne machen könnte, ist eine völlig haltlose und inakzeptable Unterstellung.

 

Im Übrigen glaube ich sogar, dass die Mehrheit der Wähler der SPD beim Thema Gebührenerhöhung eher den CDU-Argumenten folgt.

Wie soll der gordische Knoten bis zur Abstimmung im Dezember durchschlagen werden?
Die Koalitionsfraktionen im Landtag sind jetzt gefordert, alle Möglichkeiten zumindest noch einmal zu diskutieren. Eine angemessene Finanzausstattung des öffentlich rechtlichen Rundfunks ist uns als CDU ja auch wichtig.

 

Eine Möglichkeit wäre, auf den nächsten KEF-Bericht zu warten und diesen dann neu zu bewerten. Denn zum Zeitpunkt der Anmeldung des aktuellen Finanzbedarfs hat Corona keine Rolle gespielt.

Auch im KEF-Verfahren konnte keinerlei corona-bedingte Veränderung berücksichtigt werden. Die aktuelle Beitragsempfehlung ist deshalb überholt und entspricht nicht mehr dem Grundsatz der Angemessenheit der Finanzausstattung. Durch den Wegfall von Großsportereignissen wie Olympia oder der Fußball-Europameisterschaft kommt es kurzfristig zu erheblichen Einsparungen, die den Gesamtaufwand deutlich reduzieren.

Es wäre aus unserer Sicht auch eine Selbstverständlichkeit, dass die Anstalten ihre Anmeldungen unter Corona-Bedingungen deutlich moderater gestalten würden und durch neue Schwerpunktsetzung einen angemessenen Beitrag zur Krisenbewältigung leisten. Das kann nicht nur alleinige Aufgabe der Beitragszahler sein.

Eine Neuberechnung des Finanzbedarfs, auf der Basis korrigierter Anmeldungen und unter Berücksichtigung der Pandemiebedingungen, wäre deshalb sowohl im Interesse der Beitragszahler und der Anstalten. Wenn das alles passiert, wird sich sicher auch die CDU nicht verschließen.